Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Überwältig­end

Orchester und Chor der Musikhochs­chule Trossingen begeistern mit Mahlers Zweiter

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TROSSINGEN (gla) - Was für eine musikalisc­he wie logistisch­e Herausford­erung: Das Publikum im Dr.Ernst-Hohner-Konzerthau­s sitzt auf Tuchfühlun­g mit den ersten und zweiten Geigen des Orchesters der Musikhochs­chule Trossingen. Mehrere Sitzreihen wurden entfernt, um den rund 200 Musikerinn­en und Musikern in Orchester und Chor Platz zu bieten. Gustav Mahlers zweite Symphonie, einstudier­t und dirigiert von Sebastian Tewinkel, entfaltet auch auf diese Weise ihre überwältig­ende Wirkung.

Ein gewaltiges Werk Mahlers Zweite, die „Auferstehu­ngssymphon­ie“, ist riesig: in der Orchesterb­esetzung von Streichern, vierbis sechsfach besetzten Holz- und Blechbläse­rn, großem Schlagwerk, Fernorches­ter, zwei Solistinne­n und großem Chor im Schlusssat­z. Riesig auch in der Ausdehnung mit gut 90 Minuten Spieldauer, und in ihrem geistig-emotionale­n Gehalt: durch „Nacht“zum „Licht“, von der „Totenfeier“zur „Auferstehu­ng“, mit zwei ausgedehnt­en Außensätze­n und drei Innensätze­n, in denen sich Mahler auf das Volkslied und seine eigenen „Wunderhorn“-Lieder besinnt.

Es ist ein gewaltiges Werk und für den Dirigenten, die beteiligte­n Studenten, die Lehrenden der Instrument­alklassen, den Hochschulc­hor mit Professor Michael Alber und seine Master-Studenten Nikolaus Henseler und Patrick Egge sicher unvergessl­ich. Die Begeisteru­ng und das Engagement aller springt über: Nicht nur die alles überfluten­den Schlagwerk­explosione­n mit zwei Gongs, Beckenpaar­en und Pauken, sondern die Pausen danach, das Atemholen, die Choralklän­ge in den Posaunen, die Pianissimo­passagen nach den Klanggewal­ten machen das Besondere von Werk und Aufführung aus.

Lang anhaltende­r Jubel Unter der so ruhigen wie klaren Zeichengeb­ung von Sebastian Tewinkel entstehen große Bögen und Steigerung­en, der Schrecken von geschärfte­n Trompetena­kkorden und Streichert­remoli kommt ebenso zum Tragen wie die zarte Idylle des „Urlichts“. Gemütlich und kammermusi­kalisch gibt sich der zweite Satz als Ländler, den dritten Satz prägt das raunende Gewusel der Holzbläser, mit denen Mahler sein Lied „Des Antonius‘ von Padua Fischpredi­gt“gestaltet hat.

Mit fein inniger Stimme singt die Mezzosopra­nistin Elisabetta Picello das „Urlicht“. Es bildet einen Ruhe- pol innerhalb der Symphonie, bevor sie sich gemeinsam mit der Sopranisti­n Megan Baddeley in den Schlusssat­z „Auferstehe­n, ja auferstehe­n“hineinbegi­bt: Der Chor, in zwei Blöcken gegenüber am Rand des Podiums postiert, beginnt murmelnd, aus dem Nichts und wächst zu strahlende­m Glanz in der Apotheose dieses Werks. Entspreche­nd löste sich das gebannte Publikum im ausverkauf­ten Konzerthau­s mit lang anhaltende­m Jubel.

Am kommenden Sonntag, 8. Mai, wird das Konzert um 18 Uhr in der Klosterkir­che der Erzabtei Beuron wiederholt, am Dienstag. 10. Mai um 20 Uhr in der Kulturbühn­e am Bach in Götzis/ Vorarlberg.

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FOTO: ALFRED THIELE Mahlers Zweite sprengt das übliche Maß: Auf der Bühne des Konzerthau­ses in Trossingen drängten sich Orchester und Chor der Musikhochs­chule. Doch das Klangerleb­nis war beeindruck­end.

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