Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baden wie einst Elefantendame Nelly
Das ungarische Bad Héviz liegt an einem einzigartigen Thermalsee, der Kurgäste und Wellnessurlauber anlockt
iele Erfolgsgeschichten ranken sich um Bad Héviz im westlichen Ungarn. Die niedlichste ist die über Elefantendame Nelly aus dem Budapester Zoo, die an starkem Rheuma litt und dank regelmäßiger Schlammbäder im Hévizer Thermalsee genas. Eher ins Reich der Legende gehört wohl die Erzählung über die Entstehung des mit 4,4 Hektar Wasserfläche größten Thermalsees der Welt: Eine Amme wollte ein gelähmtes Kind heilen. Die Jungfrau Maria erhörte ihr flehendes Gebet und ließ eine warme Quelle entspringen, mit deren Wasser das Kind geheilt wurde. Jenes Kind sei der spätere oströmische Kaiser Flavius Theodosius gewesen.
Egal, ob wahr oder dem Gehirn eines cleveren Marketingstrategen entsprungen – der Ruf des wohltuenden Hévizer Heilwassers schallt weit über die Landesgrenzen hinaus und lockt Urlauber an: Kranke, die hier eine mehrwöchige Kur machen; Gesundheitsbewusste, die in Bad Héviz jede Menge Wellnessangebote finden; Touristen, die den gepflegten Ort selbst, die hügelige Weingegend drumherum und die Nähe zum Plattensee (Balaton) schätzen.
Mit Schwimmnudel ins Wasser Bunt ist die Welt in Bad Héviz. Im Frühjahr blühen in den Rabatten an der Kurpromenade und rund um die kleinen, mit Cafés gesäumten Plätze des Ortes prächtige Tulpen in allen Farben. Sie stehen in Konkurrenz zu den bunten, dicken SchaumstoffSchlangen, die die meisten Menschen hier um den Hals oder unterm Arm tragen. Die überwiegend älteren Frauen und Männer sind auf dem Weg zum Herzstück des Kurortes: dem einzigartigen See, dessen Wasser aus einer Quelle in 38 Metern Tiefe sprudelt, eine dicke Torfschicht durchfließt, einen hohen Mineralstoffgehalt hat und dank eines natürlichen Abflusses sich alle dreieinhalb Tage vollständig erneuert.
Umgerechnet acht Euro kostet der Eintritt ins öffentliche Bad. Drei Stunden lang darf man dann bleiben. Und die werden am sinnvollsten folgendermaßen verbracht: 20 bis 30 Minuten lang steigt man ins bis zu 37 Grad warme Thermalwasser, das auch im Winter nie kälter als 24 Grad wird. Schwimmen ist eher kontraproduktiv und strengt den Kreislauf zu sehr an. Spätestens jetzt erschließt sich auch der Sinn der Plastikschlangen, die eigentlich Schwimmnudeln heißen und es ermöglichen, wie ein nasser Sack reglos im Wasser zu hängen. Wer ohne Plastikschlange oder Schwimmreif ins heilende Nass steigt, kann sich an Holzbrettern und Geländern im See festhalten. Die allerdings sind unterhalb der Wasseroberfläche arg mit was auch immer bewachsen. Vermutlich ganz natürlich und völlig harmlos, doch pingelige Naturen halten besser Abstand und greifen auf die Schwimmnudel zurück. Ähnlich verhält es sich auch mit den Seerosen im Wasser: wunderschön anzusehen, aber weniger angenehm, wenn sich deren Unterleib um die eigenen Füße schlingt. Nach dem Baden ruht man sich eine halbe Stunde lang auf einer der zahlreichen Liegen aus, die in den Badehäusern am und im See stehen oder – je nach Witterung – auf dem Rasen am Ufer. Anschließend geht es wieder ins Thermalwasser.
Bis zu dreimal täglich darf diese Prozedur wiederholt werden. Dann, so versprechen nicht nur Marketingstrategen, sondern auch die Mediziner vor Ort, kann das Heilwasser seine ganze Wirkung entfalten, rheumatische Beschwerden, Störungen im Bewegungsapparat und Osteoporose sowie Arthrose lindern. Zusätzlich unterstützt werde die heilende Wirkung von den Fangopartikeln, die aus dem Schlamm am Seegrund aufsteigen und am Körper als kleine, mit Gas gefüllte Blasen perlen. Oder aber man verpasst sich à la Nelly gleich eine Fangopackung im Schlammbereich des Sees.
Zusätzlich empfehlen die Kurärzte, das Hévizer Heilwasser zu trin- 30.06.-03.07. 22.07. 31.07.-05.08. 18.08.-21.08. 11.06. 03.07. 09.07. 29.07. 13.08. Heilwasser aus dem öffentlichen Trinkbrunnen.
ken. Das allerdings ist nun wirklich sehr gewöhnungsbedürftig. Der hohe Schwefelgehalt im Wasser bildet nicht nur eine unangenehm riechende Dunstglocke über dem See. Auch das Wasser, das es kostenlos aus einem Trinkbrunnen im Ort gibt, schmeckt entsprechend (schlecht). Nichts für Zartbesaitete ist auch das Gewichtsbad – ein Element der Hévizer Heilmethode und von dem einheimischen Arzt Károly Moll erfunden. „So richtig entspannen kannst du dabei nicht“, verrät eine Kollegin, die es ausprobiert hat und sich im Wasser am Hals aufhängen ließ, während Gewichte an Hüfte und Knöcheln befestigt wurden, um ihre Wirbelsäule schonend zu strecken.
Ausflüge in die Umgebung Viele Hotels in und um Bad Héviz, deren Außenfassaden meist immer noch alten Ostblock-Charme versprühen, deren Innenleben aber oft komplett luxussaniert wurde, haben eigene Thermalbäder sowie großzügige Poollandschaften. Sie setzen mittlerweile nicht nur auf Kurgäste,
inkl. Weinprobe, ½ Tag Bozen, Dolomitenrundfahrt, Sitzplatz i. Konzert
5x HP, Stadtbes. Dresden + Schwerin + Wismar + Rostock, Schifff. Schweriner See, Dampfbahn „Molli“, Ausfl. Mecklenb. Seenplatte
3x ÜF, Stadtführung „Köpenick zu Wasser & Land“+ klassische Stadtführung, Musicalkarte KAT 1
– 1 Tag am Comer See – i. Aspach inkl. Ticket inkl. Eintritt
inkl. Ticket
29.05./26.06./31.07./28.08./25.09./30.10. 02.07./06.08./03.09./01.10. Gewöhnungsbedürftig: das Gewichtsbad.
sondern mit vergleichsweise günstigen Massage- und Beautyangeboten verstärkt auf Wellnessreisende. Die sind auch fit genug, zwischen LomiLomi, Cleopatrabad, Fußpflege und Gesichtsmaske die Hévizer Umgebung zu erkunden.
Ganz nah liegt der Stadtteil Egregy, der größtenteils aus Weinbergen besteht und dessen Spazierwege vorbei an Weinkellern und Buschenschenken führen. Statt nach faulen Eiern riechendes Heilwasser werden hier unter anderem Riesling sowie der etwas lieblichere, ortstypische Graue Mönch ausgeschenkt. Passend dazu ein Schmalzbrot oder scharfe ungarische Salami serviert. Köstlichkeiten wie diese und noch viel mehr Produkte aus der regionalen Landwirtschaft stapeln sich auf den Ständen der sonntäglichen Märkte. „Alles Bio“heißt es zum Beispiel auf dem „Liliomkert“in Káptalantóti. Wer über diesen großen Markt schlendert, wird nicht nur manch originelles Mitbringsel erstehen, sondern auch satt. Denn die Anbieter sind fast schon beleidigt, wenn ihre Probiererle verschmäht werden. Essen und Trinken stehen auch im Mittelpunkt bei einem Besuch der Plattensee-Halbinsel Tihany. In den alten, reetgedeckten ehemaligen Fischerhäusern sind heute zahlreiche Restaurants untergebracht, die einheimische Spezialitäten wie Zander und Hecht, aber auch selbstgebrautes Bier mit Lavendelgeschmack anbieten – nicht im entferntesten so gewöhnungsbedürftig wie das Hévizer Heilwasser. Trotz vollem Bauch sollte man den kurzen Anstieg zur Abtei Tihany bewältigen, unter deren barocken Kirchtürmen sich eine romanische Krypta versteckt.
Wer noch mehr Barock erleben möchte, fährt nach Keszthely, um das prächtige Schloss der Grafenfamilie Festetics zu besichtigen. Prunk- und Herzstück des Schlosses ist die alte Bibliothek, die Ende des 18. Jahrhunderts eingerichtet wurde und etwa 80 000 Bücher – darunter einige Raritäten – umfasst. Die Festetics’ sind eng mit Bad Héviz verbunden. War es doch Graf György, der hier mit der Familie kurte und 1795 die erste Badeanstalt am Hévizer See bauen ließ. Wieder so eine Geschichte, die dieses Mal aber historisch belegt ist.
Immer samstags wird Bad Héviz im Charterverkehr direkt von Friedrichshafen aus angeflogen. Charterflüge gibt es auch ab Hamburg, Berlin, Düsseldorf und Frankfurt. Weitere Informationen: Tourinform, H- 8380 Héviz, Tel.: 0036/ 83540131, Fax: 0036/ 83540132, E- Mail: hevi@ tourinform. hu, Internet: www.spaheviz.de oder www.mutsch-reisen.de Die Recherche wurde unterstützt von Mutsch Ungarn Reisen.