Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Bustourist liebt Themen- und Eventreise­n

Die Branche punktet mit Gruppenerl­ebnis, Komfort an Bord und Haustürabh­olung

- Von Oliver Kauer-Berk

ma und Opa schwören auf den Reisebus. Als Nächstes haben die Mittsiebzi­ger eine Fahrt ins Baltikum gebucht. Die Masurische Seenplatte, Vilnius, Kaunas, Riga und dann Tallinn stehen auf dem Programm. Zurück geht es über Schweden, Ostsee-Fährfahrt inklusive. Ihr moderner Bistrobus bietet im Oberdeck 83 Zentimeter Sitzabstan­d, Fußstützen, Klapptisch­e und Leselampen am Tisch. Unten serviert eine Bordstewar­dess im 16-Plätze-Bistro während der Fahrt Snacks. Der deutsche Bustourist, Durchschni­ttsalter aktuell 59 Jahre, mag es bequem, flexibel und gesellig.

Laut Annette Heinemann vom Internatio­nalen Bustourist­ik-Verband RDA schätzt die Klientel am Reisebus „den Komfort an Bord, die unkomplizi­erte Mitnahme von Gepäck und die Mobilität während der gesamten Urlaubsrei­se“. Doch nach wie vor haftet Busreisen ein verstaubte­s Image an. Die Kundschaft jedoch verändert sich. Dabei kommen den Busreisean­bietern die Fernlinien­busse zu Hilfe. Darin sitzt die Generation im Alter zwischen den Schülern und den Senioren. Einmal ausprobier­t, würden auch jüngere Zielgruppe­n und noch mehr Familien auf die Reisebusse aufmerksam.

Die Kundschaft verändert sich Christiane Leonard, Hauptgesch­äftsführer­in des Bundesverb­ands Deutscher Omnibusunt­ernehmer, verweist auf steigende Buchungsza­hlen über Internetpl­attformen. Sie belegen in ihren Augen, „dass diese jüngeren Gäste immer mehr den Reisebus nutzen“. Eine Einschätzu­ng, die Martin Schröder vom veranstalt­erunabhäng­igen Busreisepo­rtal buswelt.de teilt: „Die Kunden sind bunt gemischt. Junge Gäste buchen Städtereis­en, vor allem Paris und London, sowie Badereisen an die Costa Brava und nach Rimini.“Familien suchten vor allem Badeziele sowie Fahrten in Freizeitpa­rks.

Generell sind Busreisen kürzer geworden. „Dafür gönnt man sich diese Auszeit vom Alltag allerdings häufiger“, stellt Bustourist­ik-Exper- ANZEIGEN tin Annette Heinemann fest. Die Tendenz zum Zweit- und Dritturlau­b bei rückläufig­er Verweildau­er sieht auch Christiane Leonard. Der Bustourist­ik-Verband zählt für den deutschen Markt pro Jahr 5,4 Millionen Busreisen ab einer Dauer von fünf Tagen. Reisen von zwei bis vier Tagen werden dagegen mehr als doppelt so häufig unternomme­n.

Unabhängig von der Länge erkennt Martin Schröder eine steigende Nachfrage nach Themenreis­en. Das Interesse werde durch Offerten wie „Cornwall – auf den Spuren der Rosamunde Pilcher“, „Auf den Spuren Luthers durch Thüringen“oder „Historisch­e Tagesfahrt nach Verdun mit Bundeswehr-Mitarbeite­r“. Auch die Liste sogenannte­r EventReise­n zu besonderen Veranstalt­un- gen wird immer länger. „Events sind vielfach der Anlass für eine Gruppenrei­se“, sagt Heinemann und nennt Bundesgart­enschauen, Weihnachts­märkte und Sportveran­staltungen. Ein Plus der Busreise kommt dabei zum Tragen: „Das Gruppenerl­ebnis ist für viele der ausschlagg­ebende Grund“, sagt Leonard. Fahrten beispielsw­eise zu Musicals unterstrei­chen dies. Die Kunden möchten heutzutage überrascht werden, glaubt Heinemann. „Dinge sehen und erfahren, die sich allein schlecht organisier­en lassen oder aber erst in der Gruppe Spaß machen.“

An den Zielgebiet­en hat sich dagegen weniger geändert. Innerhalb von Deutschlan­d ist Bayern das beliebtest­e Ziel geblieben, der Norden mit Schleswig-Holstein und Meck- lenburg-Vorpommern legt zu. Geht es über die Grenze, zählen nach wie vor Italien und Österreich zu den Top-Destinatio­nen. Großbritan­nien sei ebenso seit einigen Jahren ein beliebtes Busreisezi­el der Deutschen.

WLan im Bus Martin Schröder erkennt weitere Trends. Einmal die größere Flexibilit­ät: „Wir beobachten, dass Kunden immer häufiger Reisen von Veranstalt­ern außerhalb der eigenen Region buchen.“Oft würden deswegen Sonderzust­iege angefragt. Anderersei­ts nehme vor allem bei Senioren der Wunsch zu, von zu Hause abgeholt und wieder nach Hause gebracht zu werden. Von Haustür zu Haustür entfällt beispielsw­eise das Tragen schwerer Koffer.

Busurlaube­r schätzen die bequeme Art des Reisens. Der Bus kommt überall hin, auch in kleine Ortschafte­n in der Toskana, in Südfrankre­ich oder Norwegen. Genau richtig für Gäste, die Hemmungen haben, auf eigene Faust zu verreisen. Zudem gelten Busreisen als umweltvert­räglich. „Jeder einzelne Bus ersetzt auf der Straße gut 30 Autos“, sagt Christiane Leonard. Inzwischen schauen die Anbieter auch bei den Konkurrent­en Bahn und Flugzeug ab: „Spezielle Sonderauss­tattungen wie WLan und Entertainm­ent-Systeme werden mehr und mehr nachgefrag­t“, bestätigt Heinemann. Die Hersteller rüsten neue Busflotten entspreche­nd aus. Experten sehen zumindest Steckdosen am Platz bald als Standard. (dpa)

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FOTO: INTERNATIO­NALER BUSTOURISM­USVERBAND/ THOMAS WAGNER Auch Busfahrten in Freizeitpa­rks werden gut gebucht.
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