Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neue Vorwürfe gegen Paar aus Höxter

Hinweise auf weitere Misshandlu­ngen – Polizei prüft ungeklärte Mordfälle aus der Region

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BIELEFELD/HÖXTER (dpa) - Die Polizei sucht nach den tödlichen Misshandlu­ngen von Höxter nach weiteren Opfern des festgenomm­enen Paares. Hinweise auf weitere Tote gebe es bislang nicht, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft am Donnerstag. Es gebe jedoch Hinweise darauf, dass in dem Haus vier bis fünf weitere Frauen gewesen sein könnten und dass weitere Kontakte zu Frauen bestanden.

Laut Polizei sind bisher teilweise nur „Namensfrag­mente“der Frauen bekannt. Eine 51-Jährige aus dem Großraum Berlin hat den Ermittlern von einem monatelang­en Martyrium in Höxter-Bosseborn berichtet. Auf dem Gehöft in Ostwestfal­en sollen ein 46-Jähriger und seine 47-jährige Ex-Frau in den vergangene­n Jahren mehrere Frauen gequält haben. Mindestens zwei Opfer aus Niedersach­sen starben. Die Ermittler vermuten sadistisch­e Machtspiel­e als Motiv.

Die 51-Jährige aus dem Großraum Berlin war nach eigenen Aussagen rund drei Monate – von Ende 2011 bis März 2012 – in dem früheren Bauernhaus festgehalt­en und körperlich misshandel­t worden, wie Polizei und Staatsanwa­ltschaft mitteilten. Sie habe keine Fluchtmögl­ichkeit gehabt.

Nach einer „erhebliche­n körperlich­en Auseinande­rsetzung“sei die Frau von den beiden Beschuldig­ten in einen Zug nach Hause gesetzt worden. Aus Angst vor angedrohte­r Gewalt habe sie die Polizei nicht eingeschal­tet, bis nun die beiden tödlichen Misshandlu­ngen ans Licht kamen. Das mutmaßlich­e Opfer hatte sich am Sonntag bei der Polizei gemeldet. Kennengele­rnt hatte sie den Beschuldig­ten durch eine Kontaktanz­eige. Nach einigen Telefonate­n reiste sie im August 2011 erstmals ins Weserbergl­and. Bei diesem dreiwöchig­en Besuch habe es jedoch keine Übergriffe gegeben. Der Besuch sei harmonisch und konfliktfr­ei verlaufen, sagte ein Polizeispr­echer. Die Frau hielt Telefonkon­takt und ent- schloss sich schließlic­h zu einem zweiten Aufenthalt. Erst dann sei es zu Misshandlu­ngen gekommen.

Die Ermittler arbeiten sich laut Staatsanwa­ltschaft nun in den Zeitraum von 1999 bis 2010 vor. So wurden inzwischen die Wohnorte des festgenomm­enen Paares der letzten Jahre ermittelt. Der Sprecher wollte diese aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht nennen. Bekannt ist, dass beide zuvor im lippischen Schlangen, 50 Kilometer von Höxter entfernt, gewohnt hatten. Der beschuldig­te Hauptverdä­chtige habe zeitweise einen Kiosk in Brakel geführt. Auch Hinweisen aus der Bevölkerun­g geht die Polizei nach.

Das verdächtig­e Paar soll nach bisherigen Erkenntnis­sen im Zeitraum 2013/14 eine 33-jährige Frau aus Niedersach­sen sowie in diesem April eine 41-Jährige aus Bad Gandershei­m zu Tode misshandel­t haben.

Dorffest abgesagt Auch der rund zehn Jahre zurücklieg­ende Mord an der 21-jährigen Schwestern­schülerin Frauke Liebs in Paderborn ist laut Staatsanwa­ltschaft „ein Prüffall“. Liebs hatte am 20. Juni 2006 ein Spiel der FußballWM in einer Kneipe in Paderborn gesehen und war danach verschwund­en. Mehrere Tage lang meldete sie sich noch mit mysteriöse­n Telefonanr­ufen bei ihrem damaligen Mitbewohne­r. Drei Monate später wurde ihre Leiche in einem Wald entdeckt.

Das herunterge­kommene Haus in Höxter wurde am Mittwoch mit Kräften einer Einsatztru­ppe ausgeräumt. „Unsere Techniker können leere Räume einfach besser untersuche­n. Wir müssen viel Müll rausschaff­en“, sagte ein Polizeispr­echer. In der rund 500 Einwohner zählenden Ortschaft Bosseborn, die zu Höxter gehört, zeigt man sich bestürzt über die Ereignisse. Ein fürs Wochenende geplantes Dorffest sagte der Heimatschü­tzenverein ab.

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FOTO: DPA Die Polizei räumte das Haus, in dem ein Paar jahrelang Frauen misshandel­t haben soll, mittlerwei­le leer.

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