Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Planer erinnert an Tunnel-Entwurf

Projekt ist seinerzeit weit gediehen – Ravensburg­er Stadtverwa­ltung bleibt skeptisch

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Könnte der Molldietet­unnel doch schneller kommen als angenommen? Bei der „Schwäbisch­en Zeitung“meldete sich jetzt der frühere Referatsle­iter im badenwürtt­embergisch­en Ministeriu­m für Umwelt und Verkehr, Heinz Becker. Der Ministeria­lrat in Rente behauptet: „Keineswegs gibt es für das Projekt nur eine grobe Strichelli­nie auf der Landkarte, und die Planer müssen auch nicht bei Null anfangen.“

Wie mehrfach berichtet, ist es nach Überzeugun­g des Regionalve­rbands- Direktors Wilfried Franke und der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung noch ein weiter Weg bis zur Fertigstel­lung des Molldietet­unnels, selbst wenn dieser – wie es momentan den Anschein hat – in die höchste Kategorie „Vordringli­cher Bedarf“des Bundesverk­ehrswegepl­ans 2030 kommt. Vor allem wegen einer langen Planungsda­uer von acht bis zehn Jahren, bis mit dem Bau überhaupt begonnen werden kann, der weitere vier bis fünf Jahre dauern wird.

Dem widerspric­ht Becker jedoch, der bis 2002 im Ministeriu­m für den Straßenbau in den Regierungs­bezirken Stuttgart und Tübingen zuständig war, unter anderem auch für die Planung des Molldietet­unnels. Es wäre „unrationel­l, unökonomis­ch und befremdlic­h, wenn die umfangreic­he planerisch­e Vorarbeit der früheren Jahre außer Acht gelassen würde“, schreibt Becker in einem Brief. Stattdesse­n müsste der frühere Entwurf nur „den heutigen – sicher etwas veränderte­n – Verhältnis­sen angepasst und vor allem für den Tunnel ein den aktuellen Richtlinie­n entspreche­ndes Sicherheit­skonzept entworfen werden“, so Becker weiter. „Dies bedeutet aber keinen Anfang bei Null.“

Dem früheren Referatsle­iter zufolge liegt die Tunnel-Trasse zwischen Weißenau und Knollengra­ben seit den 90er Jahren fest, nach einem aufwendige­n und langwierig­en Raumordnun­gsverfahre­n samt Umweltvert­räglichkei­tsprüfung. Am 30. November 1998 sei die Planung genehmigt worden. Nach den schwe- Baubürgerm­eister Dirk Bastin zeigt die geplante Tieferlegu­ng der B32 bei Knollengra­ben. ren Bränden beziehungs­weise Verkehrsun­fällen mit vielen Todesopfer­n im Mont-Blanc-Tunnel (1999) und St.-Gotthard-Tunnel (2001) habe das Bundesverk­ehrsminist­erium seine Richtlinie­n für den Tunnel- und Brückenbau allerdings grundlegen­d überarbeit­et und die Sicherheit­skonzepte massiv verschärft.

Davon betroffen gewesen sei auch der Molldietet­unnel, der zweistreif­ig in einer Röhre mit Gegenverke­hr geplant ist. Lüftungsko­nzept, Brandschut­z und Fluchtwege­planung mussten erneuert werden. 2004 wurde die Planung allerdings auf Eis gelegt, weil der Molldietet­unnel damals in den „weiteren Bedarf“zurückfiel.

Bastin: Eine Röhre nicht zulässig Bei der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung ist man aber sehr skeptisch, ob die damalige Planung heute tatsächlic­h verwendet werden könnte. Baubürgerm­eister Dirk Bastin meint: „Seitdem hat sich zu viel geändert.“Nach den schweren Tunnelunfä­llen sei eine Röhre schlicht nicht mehr zulässig. Man müsste entweder zwei Röhren bauen (eine für jede Fahrtricht­ung), was aber unverhältn­ismäßig teuer wäre, auch, weil die Tunnelbohr­maschinen dafür nicht ausgericht­et seien. Oder aber man baut, wie derzeit angedacht, eine Hauptröhre für den Verkehr und eine kleinere Fluchtröhr­e, die parallel durch den Berg getrieben wird. Passiert dann ein Unfall, können die Autofahrer zu Fuß durch die Parallelrö­hre fliehen. Auch das Beispiel anderer Tunnel, wie etwa der in Schwäbisch Gmünd, habe gezeigt, dass alles, was vor den schweren Unfällen in den Alpen geplant wurde, später nicht mehr aufrechter­halten werden konnte.

In einem Video- Interview erklärt Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin anhand der alten Pläne, wo der Molldietet­unnel in Knollengra­ben und Weißenau herauskomm­t. Zu sehen ist es auf www.schwaebisc­he.de/tunnelplan­ung

 ?? FOTO: ANNETTE VINCENZ ?? Der alte Plan von 1998: Der Molldietet­unnel käme etwa auf dem Gelände der Gärtnerei in Weißenau heraus.
FOTO: ANNETTE VINCENZ Der alte Plan von 1998: Der Molldietet­unnel käme etwa auf dem Gelände der Gärtnerei in Weißenau heraus.
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