Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
CDU beschließt Bündnis mit den Grünen
Delegierte stimmen beim Landesparteitag dem Koalitionsvertrag zu
LUDWIGSBURG - Das Votum ist eindeutig: 306 der 325 Delegierten haben am Freitagabend beim CDULandesparteitag in Ludwigsburg den Koalitionsvertrag mit den Grünen abgesegnet. Es gab zwei Enthaltungen. Trotz heftiger Kritik an einzelnen Punkten war die Stimmung am Veranstaltungsort im Forum am Schlosspark insgesamt klar zugunsten des Bündnisses mit den Grünen. Nach fünf Jahren in der Opposition wollen die Christdemokraten ihr ehemaliges Stammland wieder mitgestalten – und das geht nur in der Regierung.
Ein Pfeifkonzert begrüßte die rund 600 CDU-Mitglieder und Delegierten. Vor der Veranstaltungshalle in Ludwigsburg hielten ein paar Dutzend Beamte eine lautstarke Mahnwache ab. Sie protestierten gegen die bekannt gewordenen Sparpläne der designierten Kiwi-Koalition an der Besoldung der Landesbeamten.
„Das Pfeifkonzert traf uns zu Recht“, sagte einer der 37 Redner während der Aussprache. Schließ- lich sei die CDU mit dem Versprechen zur Landtagswahl angetreten, die Eingangsbesoldung für Beamte wieder anzuheben und nicht mit der Ankündigung, ihnen weitere Sparmaßnahmen zuzumuten.
Es gab viel Lob für den Landesvorsitzenden und Chefunterhändler Thomas Strobl, die schwarze Tinte im Koalitionsvertrag sei klar erkennbar, sagten einige. Der Delegierte für den Wahlkreis Ravensburg, Eugen Abler, zieht das pragmatische Fazit: „Wenn einer der beiden Koalitionspartner nicht jammern würde, wäre es ein schlechter Kompromiss.“
„Wir haben uns nicht verbogen“Strobl und sein Verhandlungsteam mussten sich auch zum Teil heftige Kritik anhören. Das so wichtige Finanzministerium in grüner Hand? Ein Stich für manchen CDUler. Etliche äußerten zudem die Sorge, dass es der CDU in der Koalition mit den Grünen so ergehen werde wie zuletzt der SPD. „Alles, was in den nächsten fünf Jahren schiefgeht, wird man uns anlasten“, sagte einer. Nach der Aussprache versuchte Strobl, die Kritikpunkte zu entkräften und Sorgen zu nehmen. In einer minutenlang beklatschten Rede zu Beginn des Parteitags hatte Strobl bereits die Verhandlungserfolge betont, unter anderem die Stärkung der Polizei und derRealschulen. Man habe den Grünen Zugeständnisse machen müssen, aber: „Wir haben uns nicht verbogen“, sagte er. „Von unseren Werten haben wir nichts preisgegeben.“
Der gescheiterte Spitzenkandidat und Fraktionschef Guido Wolf ging hingegen auf die Punkte ein, die Grüne gefordert hatten und die die CDU verhindern konnten, etwa die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sowie eine Direktwahl von Landräten.
„Auch was verhindert wurde, ist ein Erfolg“, sagte Wolf. Er selbst räumte erstmals Fehler im Umgang mit der Wahlniederlage ein. Am Wahlabend mag mancher seine Reaktion als zu wenig demütig erachtet haben, vielleicht habe er auch nicht den richtigen Ton getroffen, so der amtierende Fraktionsvorsitzende.
Wie seine politische Zukunft aussehen werde, ließ er offen. „Mir geht es um die Würde meines politischen Auftrags“, dafür wolle er sich einbringen: als Minister, Fraktionschef oder Abgeordneter für den Wahlkreis Tuttlingen. Darüber dürfte dem Vernehmen nach sein ehemaliger Konkurrent und derzeit unangefochtener Herrscher Thomas Strobl entscheiden, der selbst als nächster Innenminister gilt.
Kabinett steht am Donnerstag Wann Strobl seine weiteren vier Minister bekannt gibt, ist noch unklar. Spätestens am Donnerstag allerdings wird das künftige Kabinett feststehen. Dann beruft der aller Voraussicht nach wiedergewählte Ministerpräsident Winfried Kretschmann sein Kabinett.
Nachdem die CDU-Basis nun am Freitag den Weg Richtung Regierungsverantwortung frei gemacht hat, sind heute die Grünen an der Reihe. Der designierte Seniorpartner von Deutschlands erster grünschwarzen Koalition lässt seine Basis heute in Leinfelden-Echterdingen über den Koalitionsvertrag abstimmen.