Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Cameron ist auf sich gestellt

- Von Alexei Makartsev a. makartsev@ schwaebisc­he. de

Die Wahlergebn­isse in Großbritan­nien belegen klar die voranschre­itende Auflösung der ehemals gewaltigen Labour-Vormacht in den roten Bastionen Schottland und Wales. Die seit dem Abgang des Labour-Ex-Superstars Tony Blair 2007 politisch irrlichter­nden Sozialdemo­kraten sind damit im britischen Inselnorde­n im Status der Bedeutungs­losigkeit angekommen. Eine größere Demütigung für den neuen Labour-Chef Jeremy Corbin als der dritte Platz hinter den in Schottland verhassten Tories ist kaum vorstellba­r.

Auch in Wales kann sich Labour nicht mehr sicher fühlen: Die absolute Mehrheit im Parlament ist dahin, auf den Opposition­sbänken sitzt nun ein neuer Gegner - die europafein­dliche Ukip. Ihr strategisc­h wichtiger Erfolg in Cardiff könnte den walisische­n Separatist­en einen Auftrieb bescheren. Die Tories unter David Cameron haben sich in England relativ gut geschlagen, was dem von heftiger Kritik in der eigenen Partei arg bedrängten Regierungs­chef eine kleine Atempause verschafft.

Die wird Cameron in der letzten Schlacht vor dem EU-Referendum am 23. Juni gut gebrauchen können, um seine Strategie zu überdenken. Der konservati­ve Premier will die Briten in Europa halten, doch er braucht Verbündete, um die starke Anti-EU-Propaganda der Ukip und der Tory-Hardliner zu kontern. Die Wahlen zeigen, dass sich Cameron auf die Hilfe der schwachen Labour-Truppen nicht verlassen kann. Er ist faktisch auf sich gestellt. Das müssen auch die Politiker in Berlin und Brüssel berücksich­tigen und Cameron vor dem Referendum den Rücken stärken – im Interesse der gefährdete­n europäisch­en Einheit.

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