Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sonnenbad für Tausende Gläubige
Am Weingartener Blutritt nehmen bei herrlichem Wetter 2366 Reiter und Pferde teil
WEINGARTEN - Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen sind am Blutfreitag genau 2366 Reiter auf ihren Pferden durch Weingarten gezogen. Der traditionelle Blutritt am Tag nach Christi Himmelfahrt zog auch Tausende Zuschauer an den Prozessionsweg.
Einzige traurige Nachricht des Tages: Während des Ritts kam bei einem Sturz ein Pferd zu Tode. Es hatte sich offenbar erschreckt, als ein Linienbus in der Ravensburger Straße seinen Weg kreuzte (Text auf Seite 20).
„Ganz selten habe ich so ein Wetter hier erlebt“, erklärte Bischof Gebhard Fürst im Weingartener Rathaus, kurz nachdem der Blutritt um sieben Uhr begonnen hatte. Und Fürst muss es wissen, er ist seit mehr als zehn Jahren Dauergast in Weingarten. Auch er erinnerte sich noch an das nasskalte Wetter im Vorjahr, als die Zuschauermenge ein Meer aus Regenschirmen bilden musste. Diesmal war nicht ein kleines Wölkchen am Himmel zu sehen, als Blutreiter Ek- kehard Schmid am Portal der Basilika, noch halb in Morgenrot getaucht, die Heilig-Blut-Reliquie in Empfang nahm und den Blutritt begann. Wie üblich waren bereits zur Übergabe Hunderte gekommen.
Als sich die Prozession dann ihren Weg durch die Straßen der Stadt, weiter in einem Bogen im Westen um Weingarten herum und schließlich von Norden her wieder zurück suchte, säumten bereits Tausende die Strecke. Insgesamt 100 Reitergruppen zogen gemeinsam mit Tausenden Musikern durch die Straßen, festliche Marschmusik bestimmte die Atmosphäre.
Vom Rathausbalkon herab grüßte die Prominenz: Bischof Fürst gemeinsam mit seinen Amtskollegen András Varas aus Szombathely in Ungarn und Erwin Kräutler aus Altamira in Brasilien, der neue Regierungspräsident und politische Ehrengast Jörg Schmidt, der Grünen-Landtagsabgeordnete Manne Lucha, Agnieszka Brugger (Grüne), Waldemar Westermayer und Josef Rief (beide CDU) aus dem Bundestag sowie Landrat Harald Sievers und die Oberbürgermeister von Weingarten und Ravensburg, Markus Ewald und Daniel Rapp.
„Es ist schön, dass es diese Tradition hier gibt und dass sie so lange schon bewahrt wird“, sagte Harald Sievers, der den Weingartener Blutritt zum ersten Mal mitverfolgte. „Gerade als Katholik finde ich es beachtenswert, dass der Glaube, der diese Region so prägt, in dieser Form weitergetragen wird.“Für den neuen Tübinger Regierungspräsidenten Jörg Schmidt ist der Blutritt durch Weingarten ebenfalls neu gewesen: „Es ist eine beeindruckende Manifestation des christlichen Glaubens. Und es sagt schon etwas aus, dass es so etwas hier noch gibt.“
Besinnlicher Vorabend Die Manifestation hatte schon am Vorabend begonnen. Erwin Kräutler beeindruckte beim abendlichen Gottesdienst in der Basilika die Gemeinde mit der Festpredigt, bevor sich Hunderte Gläubige in der hereinbrechenden Nacht mit Kerzen in der Hand in Richtung Kreuzberg aufmachten. Die Lichterprozession – diesmal bei Sternenhimmel – bot erneut ein eindrucksvolles Bild. Von vier Uhr morgens ab war dann die Basilika Dreh- und Angelpunkt. Nach der Reitermesse und weiteren Eucharistiefeiern war sie Start- und Endpunkt der Prozession. Gegen zwölf Uhr war Blutreiter und Dekan Schmid zurück, geleitet von den drei Bischöfen wurde die Reliquie wieder in die Kirche gebracht, in der es zu diesem Zeitpunkt schwierig war, überhaupt einen Stehplatz zu finden.
Trotz des Zwischenfalls mit dem Pferd zogen Polizei und Feuerwehr ein positives Fazit aus dem diesjährigen Blutfreitag. Es mussten allerdings wegen Falschparkens acht Autos abgeschleppt und einige Fahrer verwarnt werden. Auch der Baubetriebshof wird froh gewesen sein, dass die Prozession diesmal ohne Regen auskam. Bereits wenige Stunden nach dem Ritt waren die Straßen vom größten Teil der Pferde-Hinterlassenschaften befreit.
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