Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

400 Kilometer Arbeitsweg

Ein Gruß aus Südtirol: Jede Woche fahren die Guflers nach Ravensburg

- Von Markus Reppner KARIKATUR: RAINER WEISHAUPT

RAVENSBURG - Es riecht nach Wacholder, Salbei, Rosmarin und Thymian am Stand von Toni und Traudl Gufler. Der Duft stammt hauptsächl­ich von dem geräuchert­en Schinken, den die beiden im Verkauf haben. Die Bezeichnun­g „Schinken“ist allerdings nicht ganz korrekt. „Bei uns heißt das Speck“, sagt Toni Gufler. Und noch genauer: Schlegelsp­eck. Denn auch das geräuchert­e Bauchfleis­ch wird „Speck“oder „Bauchspeck“genannt. Die beiden kommen aus Sankt Martin in Passeier, einem kleinen italienisc­hen Ort, nahe dem Jaufenpass in Südtirol.

Dort haben sie ein Gasthaus, bewirten ihre Gäste, treiben Ziegen auf die Weide und machen Wanderunge­n zu einer Almhütte in 1800 Metern Höhe, wo wilder Thymian wächst. 40 Jahre lang war Toni Gufler Gastwirt. Jetzt haben die Söhne die Leitung übernommen. Angefangen hat er als Kellner, wollte aber immer schon einen eigenen Hof haben. Seine Frau Traudl ist Köchin. Ihre Spezialitä­t ist Ziegenbrat­en, den sie zuerst in Milch einlegt und dann bei sehr niedriger Temperatur im Ofen lange schmort. Dazu gibt es Speckknöde­l, die sie auch auf dem Stand in der Marktstraß­e anbietet.

Seit knapp sechs Jahren gehen die Guflers zusammen auf den Wochenmark­t in Ravensburg und verkaufen ihre heimischen Produkte: Kaminwurze­n, Käse, Honig, getrocknet­e Kräuter, Alpenrosen­tee und das typische Vinschgaue­r Brot aus Sauerteig, das sie ebenfalls selber machen. Und natürlich den Speck, den ihr Sohn macht. Jede Woche fahren sie rund

ANZEIGE 400 Kilometer nach Ravensburg. Warum so weit? Warum ausgerechn­et nach Ravensburg? „Stammgäste haben uns von dem tollen Wochenmark­t erzählt“, sagt Toni Gufler. „Wir sollten doch dort unbedingt unsere Produkte verkaufen“. Und so kam es. Jetzt, da die Söhne den Gasthof übernommen haben und die beiden quasi in Rente sind, haben sie die Zeit für den weiten Weg. Anreise ist bereits am Freitagnac­hmittag, ansonsten wäre der Aufwand einfach zu groß.

Eine Flasche ist mit einer dunklen Flüssigkei­t gefüllt, deren Duft an Saunaaufgu­ss erinnert. „Latschenki­eferschnap­s“, sagt Toni Gufler. Die Südtiroler Spezialitä­t wird auf Basis von Grappa gebrannt. Die Maische für den Brand stellt er höchstpers­önlich her.

Nur das Brennen, das überlässt er offizielle­n Brennereie­n. Mit Argusaugen überwacht der Staat die Schnapspro­duktion, verdient er doch bei den anfallende­n Steuern kräftig mit.

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FOTO: MARKUS REPPNER Schätzen den Ravensburg­er Wochenmark­t: Toni und Traudl Gufler.

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