Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
400 Kilometer Arbeitsweg
Ein Gruß aus Südtirol: Jede Woche fahren die Guflers nach Ravensburg
RAVENSBURG - Es riecht nach Wacholder, Salbei, Rosmarin und Thymian am Stand von Toni und Traudl Gufler. Der Duft stammt hauptsächlich von dem geräucherten Schinken, den die beiden im Verkauf haben. Die Bezeichnung „Schinken“ist allerdings nicht ganz korrekt. „Bei uns heißt das Speck“, sagt Toni Gufler. Und noch genauer: Schlegelspeck. Denn auch das geräucherte Bauchfleisch wird „Speck“oder „Bauchspeck“genannt. Die beiden kommen aus Sankt Martin in Passeier, einem kleinen italienischen Ort, nahe dem Jaufenpass in Südtirol.
Dort haben sie ein Gasthaus, bewirten ihre Gäste, treiben Ziegen auf die Weide und machen Wanderungen zu einer Almhütte in 1800 Metern Höhe, wo wilder Thymian wächst. 40 Jahre lang war Toni Gufler Gastwirt. Jetzt haben die Söhne die Leitung übernommen. Angefangen hat er als Kellner, wollte aber immer schon einen eigenen Hof haben. Seine Frau Traudl ist Köchin. Ihre Spezialität ist Ziegenbraten, den sie zuerst in Milch einlegt und dann bei sehr niedriger Temperatur im Ofen lange schmort. Dazu gibt es Speckknödel, die sie auch auf dem Stand in der Marktstraße anbietet.
Seit knapp sechs Jahren gehen die Guflers zusammen auf den Wochenmarkt in Ravensburg und verkaufen ihre heimischen Produkte: Kaminwurzen, Käse, Honig, getrocknete Kräuter, Alpenrosentee und das typische Vinschgauer Brot aus Sauerteig, das sie ebenfalls selber machen. Und natürlich den Speck, den ihr Sohn macht. Jede Woche fahren sie rund
ANZEIGE 400 Kilometer nach Ravensburg. Warum so weit? Warum ausgerechnet nach Ravensburg? „Stammgäste haben uns von dem tollen Wochenmarkt erzählt“, sagt Toni Gufler. „Wir sollten doch dort unbedingt unsere Produkte verkaufen“. Und so kam es. Jetzt, da die Söhne den Gasthof übernommen haben und die beiden quasi in Rente sind, haben sie die Zeit für den weiten Weg. Anreise ist bereits am Freitagnachmittag, ansonsten wäre der Aufwand einfach zu groß.
Eine Flasche ist mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt, deren Duft an Saunaaufguss erinnert. „Latschenkieferschnaps“, sagt Toni Gufler. Die Südtiroler Spezialität wird auf Basis von Grappa gebrannt. Die Maische für den Brand stellt er höchstpersönlich her.
Nur das Brennen, das überlässt er offiziellen Brennereien. Mit Argusaugen überwacht der Staat die Schnapsproduktion, verdient er doch bei den anfallenden Steuern kräftig mit.