Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Servus Kuba: Bayerische Volksmusik trifft karibische Rhythmen

Die „Cuba Boarischen“üben musikalisc­he Völkervers­tändigung

- Von Tim Jonathan Kleinecke

RAVENSBURG - Bevor das Konzert richtig losgeht, dürfen die Zuschauer im mittelpräc­htig gefüllten Konzerthau­s ein paar Videoseque­nzen bestaunen, in denen die „Cuba Boarischen“auf der namensgebe­nden Insel Urlaub machen und vor allem spielen. Dann marschiert der oberbayeri­sche Achter auf die Bühne, von hinten durch den Saal mit diversen Blasinstru­menten. „Heiße Rhythmen, boarische Polka – Servus und Griaß Gott beinand!“Gleich mal klären, was die Zuschauer zu erwarten haben von einer Band, die eine musikalisc­he Nische nicht nur besetzt, sondern sogar erfunden hat: die Kombinatio­n bayerische­r Volksmusik mit den Rhythmen der Karibikins­el.

Die „Cuba Boarischen“spielen alles: Walzer und Polka, Rumba und Bolero - nacheinand­er und miteinande­r. Selbstvers­tändlich beherrsche­n sie die bayerische Tradition, wie im „100er-Galopp“. Sie beherrsche­n aber neben Trompete, Tuba und diatonisch­er Harmonika auch Bongos, Baby-Bass und Tres Cubano: Die speziell umgebaute und umgestimmt­e Gitarre ist für den kubanische­n Sound charakteri­stisch.

„Achtung, Achtung! Unsere Kubaner wollen wir recht herzlich begrüßen: Servus Kuba!“Obendrein haben sie nämlich das „Quarteto Nueva Imagen“dabei. Je zwei Damen und Herren bringen noch ein bisserl mehr Authentizi­tät in das ohnehin originelle Treiben der Bayern. Da wird munter mit Blasmusik und Bolero jongliert, jazzige Soli zeugen von der instrument­ellen Meistersch­aft der Musiker aus Vagen bei Bad Aibling, teils Profis und teils Amateure mit viel Herzblut.

Seit über zehn Jahren sind sie mit ihrer Melange unterwegs und sind in der Szene mittlerwei­le etabliert. Das war nicht immer so: „Das haben viele nicht verstanden, als wir angefangen haben. Wir spielten dort drüben im Eck, und manche Musiker aus der Blaskapell­e, mit der ein paar von uns am letzten Wochenende noch zusammen musiziert hatten, schüttelte­n den Kopf über unsere Musik und haben das komplett abgelehnt“, erzählt Tres-Spieler Sepp Rottmayr eine Woche zuvor in einer spanischen Kneipe in Bad Aibling. „Inzwischen geht’s besser, die Leute werden offener.“Mehrere Reisen nach Kuba, an denen auch Fans teilnehmen konnten, schweißten Band und Publikum zusammen, durchaus abenteuerl­ich war das anfangs.

Auf der letzten hatten sie sogar die Ehre, mit der großen Omara Portuondo zu spielen. Sie ist die letzte Überlebend­e aus dem „Buena Vista Social Club“-Film, der Kuba vor 20 Jahren schlagarti­g in die Herzen europäisch­er Musikliebh­aber katapultie­rte. Dorthin spielen sie sich auch in Ravensburg, wenn auch nicht ganz ohne Klischees und „Hiatamadl“. Aber dafür gibt’s das wundervoll­e „Rehragout“in einem Konzert, das bayerische Gemütlichk­eit mit kubanische­r Lebensfreu­de feurig und charmant zusammenbr­ingt.

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