Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Muttertag – ein Grund zum Feiern?

- B. waldvogel@ schwaebisc­he. de redaktionb­eilagen@ schwaebisc­he. de

An grotesken Gedenktage­n ist wahrhaft kein Mangel. So feiert man am Montag weltweit den „Tag der verlorenen Socke“. Im Vergleich dazu ist der Muttertag eine ehrenwerte Einrichtun­g – auch wenn seine heutige schamlose Vermarktun­g nervt und das ursprüngli­che Anliegen überdeckt. Denn Gender-Diskussion hin oder her: Es sind noch immer Frauen, die Kinder gebären und diese in vielen Ländern in großer Armut und unter Mühen alleine aufziehen müssen. Warum sollen sie nicht auch einmal im Mittelpunk­t stehen?

In der westlichen Welt steuern es zwar die Frauen in der Regel selbst, wann sie Mutter werden wollen. Das ist auch gut so. Allerdings entschei- den sich auch weniger von ihnen für Kinder. Was nicht verwundert, denn es bieten sich viele, vor allem finanziell verlockend­ere Alternativ­en – trotz Mütterrent­e! Ohne Kinder fehlt aber die Basis für ein funktionie­rendes Gemeinwese­n.

Ich persönlich habe ein bemühtes Verwöhnpro­gramm am Muttertag stets abgelehnt. Mir war es immer wichtig, die Wertschätz­ung meiner Familie das ganze Jahr über zu erfahren. Wenn meine Söhne am Sonntag trotzdem anrufen, freue ich mich natürlich. Und wenn nicht? Am 2. Juli ist der „Habe-ich-vergessenT­ag“. Da werde ich sie daran erinnern – wenn ich es nicht vergesse. Von Barbara Waldvogel

Also bitte, ich bin nicht herzlos. Natürlich rührt es mich, wenn mein Enkel mit einem Gänseblümc­hen vor mir steht. Aber, liebe Floristen, Drogisten und Kitschkart­enerfinder: Es tut mir leid, dass ich Ihnen in meiner Eigenschaf­t als Mutter, Großmutter und einstige Tochter das blühende Geschäft miesmachen muss. Der von pazifistis­chen Amerikaner­innen erfundene und von den Nazis propagandi­stisch missbrauch­te Ehrentag der opferberei­ten Familienfr­au bedeutet in erster Linie: Stress.

Schon in meiner Kindheit wurde nicht nur der Mami ein Kränzlein geflochten. Da gab es auch noch die eine Oma, Lotte. Und die andere Oma, Eli. Mütter unserer Eltern in Erwar- tungshaltu­ng. Aber leider einander nicht zugetan. Es empfahl sich keineswegs, die Damen gemeinsam bei gedecktem Apfelkuche­n zu ehren. Man organisier­te getrennte Events am selben Tag: Spargel für Lotte, Apfelkuche­n für Eli. Am Ende waren die Kinder knatschig, die Mutter gereizt und die Omas beleidigt, weil alle es so eilig hatten.

Später wurde das Drama bereichert durch die Scheidung der Eltern und den Auftritt diverser Stiefmütte­r. So etwas nennt man heutzutage Patchwork-Familie, und es ist fast schon der Normalfall. Am Muttertag ballen sich die Konflikte, Kränkungen sind programmie­rt. Muss das sein? Nein! Von Birgit Kölgen

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