Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mit Blanks zurück in die Wirtschaftswunderjahre
berall wird jetzt über die authentische Küche schwadroniert: Die Leute bestellen sich rosa Salz aus Hawaii, weil sie es irgendwie authentisch finden, ihr polnisches Bio-Ei damit zu würzen. Nudelgerichte werden jetzt gerne ohne Nudeln serviert, weil der Mensch ja angeblich noch ganz viel vom Mammut jagenden Steinzeitmenschen in sich hat und das Klebereiweiß (Gluten) im Weizen nicht verträgt. Wer also ein authentischer Mensch sein will, muss sich folgerichtig erst mal seiner Neandertaler-Wurzeln bewusst werden. Wobei die nahe Verwandtschaft zu demselben täglich im Straßenverkehr zu beobachten ist. Aber das ist eine andere Geschichte.
Hier soll es um Leute gehen, die wirklich authentisch sind. Ein schönes Beispiel ist die Familie Blank mit ihrem Brauereigasthof Rössle in Zwiefaltendorf. Die macht nämlich fast alles so, wie man es halt immer schon gemacht hat. Die Inneneinrichtung ist mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg weitestgehend frei von irgendwelchen Modernisierungsbemühungen. Holz all überall, an den Wänden, an den Decken, gleich mehrere Herrgottswinkel und lediglich 60 Plätze in der Gaststube. Das aber stellt sich nicht als Hindernis heraus, sondern als kommunikativen Katalysator. Selbstredend werden die Leute an den großen Tischen einfach zusammengesetzt, wenn sonst nichts frei ist. Dass im Rössle die Uhren spätestens in den 60er-Jahren stehen geblieben sind, zeigt sich am erzschwäbischen Speiseangebot. Da gibt es noch das sogenannte „Gröschts“, also Gebratenes aus allerlei Innereien. Und weil im Frühling der Bärlauch in Zwiefaltendorf besonders intensiv wuchert, gibt’s bei den Blanks Von Erich Nyffenegger eine spezielle Bärlauchkarte. Auf der steht auch die Bärlauchcremesuppe. Und die sieht viel schlechter aus, als sie schmeckt. Leider fehlt ihr die Bindung, das Fett der Sahne und die Wasseranteile der Brühe haben sich getrennt, sodass die geronnene Masse nicht eben appetitlich aussieht. Dem Geschmack – auf Basis einer guten Fleischbrühe – ist das aber nicht abträglich. Auch der Bärlauch kommt schön durch, sein milder Knoblauchton betört auch die Tischnachbarn noch.
Überhaupt haben sie es in der Küche nicht so mit der gefälligen Optik. Auch das Hauptgericht, der Schwabenteller, sieht ein bisschen lieblos aufs Porzellan gewuchtet aus: Spätzle, Kraut, Maultasche, Saitenwürstle und Kesselfleisch. Ein Essen für AlbBauern nach getaner Arbeit: gute Spätzle, eine selbstredend hausgemachte Maultasche mit intensiver Würze. Der Hit aber ist das Sauerkraut. Durch langwierige Einkochprozesse ist es ganz dunkel und so reich an Röstaroma, dass es sofort ins Museum für kulinarische Denkwür- digkeiten gehört. Das Kesselfleisch vom Schwein besteht zu zwei Dritteln aus Schwarte und entspricht nicht ganz dem heutigen Ernährungsideal. Dafür ist es authentisch bis zum Abwinken. Dass dazu das Bier der Hausbrauerei naturgemäß bestens mundet, ist eine Selbstverständlichkeit.
Wer wirklich wissen will, wie es früher auf den Tellern gutbürgerlicher Wirtschaften ausgesehen hat, ist bei den Blanks an der richtigen Adresse. Die machen die Sachen, die früher gut waren, heute noch so. Unverfälscht und allen Moden zum Trotz. Saumäßig authentisch halt.
Blanks Brauereigasthof Von- Speth- Str. 19 88499 Zwiefaltendorf Telefon 07373- 643 Geöffnet Di- Sa ab 11 Uhr, Ruhetage So. u. Montag, Hauptgerichte 7,80- 15,30 Euro.
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