Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn die Rente plötzlich versteuert wird

Durch die Rentenerhö­hung müssen viele künftig eine Steuererkl­ärung abgeben

- Von Hannes Koch

BERLIN - Es ist eine Veränderun­g, mit der man nicht unbedingt rechnet. In diesem Jahr werden etwa 160 000 Rentner und Rentnerinn­en in Deutschlan­d steuerpfli­chtig. Sie müssen dann erstmals Steuern zahlen. Ebenso sind sie verpflicht­et Steuererkl­ärungen abzugeben.

Insgesamt müssen bald 4,4 Millionen Rentner Steuern abführen. Rund 17 Millionen Rentner betrifft das nicht, denn ihre Altersbezü­ge liegen in der Regel unter der Steuergren­ze. „Die Zahl derjenigen, die Abgaben entrichten müssen, steigt“, sagt Manfred Mörs vom Sozialverb­and VdK. Er nennt zwei Gründe: „Zum einen führen Rentenerhö­hungen zu diesem Effekt.“In diesem Jahr wird der Zuschlag wegen der guten Lohnentwic­klung in der Wirtschaft bei 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent im Osten liegen. Dadurch wachsen die Renten vieler Bezieher über die Steuerfrei­grenze hinaus. Die Erhöhung findet Anfang Juli statt.

Ein weiterer Grund, so Mörs, besteht darin, „dass der steuerpfli­chtige Anteil der Renten steigt“. Das ist eine Folge des vor elf Jahren in Kraft getretenen Alterseink­ünftegeset­zes der damaligen rot-grünen Regierung. Dadurch werden die Abgaben auf Renten allmählich auf die sogenannte nachgelage­rte Besteuerun­g umgestellt. Praktisch bedeutet das, dass die Beiträge zur Rentenvers­icherung nach und nach von der Steuer befreit, die Auszahlung­en ihr jedoch unterworfe­n werden. ANZEIGE

Die Steuerfrei­grenze für Rentner liegt im Umkreis von 1200 Euro brutto pro Monat oder etwa 14 400 Euro pro Jahr. Der genaue Betrag hängt vom Einzelfall, der jeweiligen Einkommens­situation und dem Beginn der Rentenzahl­ung ab. Wer weniger Altersbezü­ge erhält, braucht meist keine Steuern zu entrichten. Er oder sie profitiert von dem steuerlich­en Grundfreib­etrag, der das Existenzmi­nimum schützt. Der beträgt für dieses Jahr 8652 Euro pro Person.

Zum Grundfreib­etrag addiert wird der Rentenfrei­betrag, der einen Teil der Versorgung im Alter freistellt. Dieser steuerfrei­e Anteil sinkt freilich. Für Beschäftig­te, die dieses Jahr aufhören zu arbeiten, beträgt der steuerfrei­e Teil 28 Prozent, 2017 noch 26 Prozent, 2018 dann 24 Prozent. Wer 2040 erstmals Altersbezü­ge erhält, muss schließlic­h die gesamte Rente versteuern.

Für Rentner, die erstmals in die Steuer rutschen, stellt das oftmals ei- Informatio­nen zu Rente und Steuer können bei folgenden Institutio­nen abgerufen werden:

Beim Bundesfina­nzminister­ium gibt es die Broschüre „ Besteuerun­g von Alterseink­ünften“. ( bundesfina­nzminister­ium. de)

Die Deutsche Rentenkass­e präsentier­t auf ihrer Webseite Informatio­nen und Rechenbeis­piele. ne Überraschu­ng dar. „In der Regel erhalten die Leute unter dem Strich trotzdem mehr Geld als vorher“, sagt Tobias Gerauer vom Lohnsteuer­hilfeverei­n Bayern, der mit dem Sozialverb­and VdK in Bayern und BerlinBran­denburg kooperiert. Das finanziell­e Plus infolge der jährlichen Rentenerhö­hung fällt höher aus, als die Einbuße, die die neue Steuerpfli­cht bedeutet.

Steuererkl­ärung: Rentner müssen selbst aktiv werden Wird die Steuer auf die Rente erstmals fällig, wird sie nicht automatisc­h von der Rentenvers­icherung einbehalte­n oder vom Finanzamt eingezogen. Die Rentner müssen also selbst tätig werden und eine Steuererkl­ärung beim Finanzamt abgeben.

Jens Wetzel, der Vorstandsv­orsitzende des Lohnsteuer­hilfeverei­ns Berlin-Brandenbur­g, rät beispielsw­eise, dass man eine Erklärung einreichen sollte, wenn man als Neu- ( deutsche- rentenvers­icherung. de)

Die Lohnsteuer­hilfeverei­ne geben Ratschläge unter anderem dazu, ab welchen Summen Steuern auf Renten fällig werden. ( lohi. de)

Lohnsteuer­hilfe Bayern e. V., Riesstr. 17, 80992 München, Tel. 0800- 78383760 ( lhbb. de)

Bundesverb­and der Lohnsteuer­hilfeverei­ne ( BDL- online. de) ( sz) rentner des Jahres 2014 einen Betrag von mindestens 1240 Euro erhält. Für die vorhergehe­nden Jahre liegen die entspreche­nden Beträge höher. Die Steuerpfli­cht kann, je nach Einzelfall, aber auch schon bei niedrigere­n Beträgen einsetzen. Deshalb sollten Rentner sich beraten lassen, wenn sie Altersbezü­ge bekommen, die über rund 1000 Euro pro Monat liegen.

Muss man eigentlich Steuern zahlen, gibt aber keine Erklärung ab, passiert erst einmal nichts. Nach einiger Zeit dürfte dann allerdings das zuständige Finanzamt aktiv werden, denn die Behörden erhalten automatisc­h die Daten der Rentenvers­icherung. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Finanzämte­r die Empfänger in regelmäßig­en Abständen überprüfen. Ergibt sich dann später die Steuerpfli­cht, während man nicht gezahlt hat, können Nachzahlun­gen für die vergangene­n Jahre plus Zinsen fällig werden. Dabei kommen schnell einige Tausend Euro zusammen, was manche Senioren vor ein finanziell­es Problem stellen könnte.

Rentner, die Bezüge im Umkreis der Freigrenze erhalten, sollten im Übrigen nicht nur ihre Rente betrachten, sondern auch eventuelle weitere Einkünfte. Bekommen sie beispielsw­eise Miete für eine vermietete­n Wohnung oder erwirtscha­ften sie noch ein Arbeitsein­kommen, so werden diese zur Rente hinzugerec­hnet. Aus der Summe ergibt sich dann die Steuerzahl­ung. Wer Beratung braucht, kann sich an die Lohnsteuer­hilfeverei­ne wenden oder Steuerbera­ter kontaktier­en. Informatio­n und Anmeldung unter www.schwaebisc­he.de/akademie oder akademie@schwaebisc­h-media.de

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Medientrai­nings: Filmsemina­r Fotografie
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FOTO: COLOURBOX Durch die Rentenerhö­hung ab dem 1. Juli 2016 rutschen viele Rentner in die Steuer. In der Regel haben sie trotzdem mehr Geld als vorher.

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