Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wenn die Rente plötzlich versteuert wird
Durch die Rentenerhöhung müssen viele künftig eine Steuererklärung abgeben
BERLIN - Es ist eine Veränderung, mit der man nicht unbedingt rechnet. In diesem Jahr werden etwa 160 000 Rentner und Rentnerinnen in Deutschland steuerpflichtig. Sie müssen dann erstmals Steuern zahlen. Ebenso sind sie verpflichtet Steuererklärungen abzugeben.
Insgesamt müssen bald 4,4 Millionen Rentner Steuern abführen. Rund 17 Millionen Rentner betrifft das nicht, denn ihre Altersbezüge liegen in der Regel unter der Steuergrenze. „Die Zahl derjenigen, die Abgaben entrichten müssen, steigt“, sagt Manfred Mörs vom Sozialverband VdK. Er nennt zwei Gründe: „Zum einen führen Rentenerhöhungen zu diesem Effekt.“In diesem Jahr wird der Zuschlag wegen der guten Lohnentwicklung in der Wirtschaft bei 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent im Osten liegen. Dadurch wachsen die Renten vieler Bezieher über die Steuerfreigrenze hinaus. Die Erhöhung findet Anfang Juli statt.
Ein weiterer Grund, so Mörs, besteht darin, „dass der steuerpflichtige Anteil der Renten steigt“. Das ist eine Folge des vor elf Jahren in Kraft getretenen Alterseinkünftegesetzes der damaligen rot-grünen Regierung. Dadurch werden die Abgaben auf Renten allmählich auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Praktisch bedeutet das, dass die Beiträge zur Rentenversicherung nach und nach von der Steuer befreit, die Auszahlungen ihr jedoch unterworfen werden. ANZEIGE
Die Steuerfreigrenze für Rentner liegt im Umkreis von 1200 Euro brutto pro Monat oder etwa 14 400 Euro pro Jahr. Der genaue Betrag hängt vom Einzelfall, der jeweiligen Einkommenssituation und dem Beginn der Rentenzahlung ab. Wer weniger Altersbezüge erhält, braucht meist keine Steuern zu entrichten. Er oder sie profitiert von dem steuerlichen Grundfreibetrag, der das Existenzminimum schützt. Der beträgt für dieses Jahr 8652 Euro pro Person.
Zum Grundfreibetrag addiert wird der Rentenfreibetrag, der einen Teil der Versorgung im Alter freistellt. Dieser steuerfreie Anteil sinkt freilich. Für Beschäftigte, die dieses Jahr aufhören zu arbeiten, beträgt der steuerfreie Teil 28 Prozent, 2017 noch 26 Prozent, 2018 dann 24 Prozent. Wer 2040 erstmals Altersbezüge erhält, muss schließlich die gesamte Rente versteuern.
Für Rentner, die erstmals in die Steuer rutschen, stellt das oftmals ei- Informationen zu Rente und Steuer können bei folgenden Institutionen abgerufen werden:
Beim Bundesfinanzministerium gibt es die Broschüre „ Besteuerung von Alterseinkünften“. ( bundesfinanzministerium. de)
Die Deutsche Rentenkasse präsentiert auf ihrer Webseite Informationen und Rechenbeispiele. ne Überraschung dar. „In der Regel erhalten die Leute unter dem Strich trotzdem mehr Geld als vorher“, sagt Tobias Gerauer vom Lohnsteuerhilfeverein Bayern, der mit dem Sozialverband VdK in Bayern und BerlinBrandenburg kooperiert. Das finanzielle Plus infolge der jährlichen Rentenerhöhung fällt höher aus, als die Einbuße, die die neue Steuerpflicht bedeutet.
Steuererklärung: Rentner müssen selbst aktiv werden Wird die Steuer auf die Rente erstmals fällig, wird sie nicht automatisch von der Rentenversicherung einbehalten oder vom Finanzamt eingezogen. Die Rentner müssen also selbst tätig werden und eine Steuererklärung beim Finanzamt abgeben.
Jens Wetzel, der Vorstandsvorsitzende des Lohnsteuerhilfevereins Berlin-Brandenburg, rät beispielsweise, dass man eine Erklärung einreichen sollte, wenn man als Neu- ( deutsche- rentenversicherung. de)
Die Lohnsteuerhilfevereine geben Ratschläge unter anderem dazu, ab welchen Summen Steuern auf Renten fällig werden. ( lohi. de)
Lohnsteuerhilfe Bayern e. V., Riesstr. 17, 80992 München, Tel. 0800- 78383760 ( lhbb. de)
Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine ( BDL- online. de) ( sz) rentner des Jahres 2014 einen Betrag von mindestens 1240 Euro erhält. Für die vorhergehenden Jahre liegen die entsprechenden Beträge höher. Die Steuerpflicht kann, je nach Einzelfall, aber auch schon bei niedrigeren Beträgen einsetzen. Deshalb sollten Rentner sich beraten lassen, wenn sie Altersbezüge bekommen, die über rund 1000 Euro pro Monat liegen.
Muss man eigentlich Steuern zahlen, gibt aber keine Erklärung ab, passiert erst einmal nichts. Nach einiger Zeit dürfte dann allerdings das zuständige Finanzamt aktiv werden, denn die Behörden erhalten automatisch die Daten der Rentenversicherung. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Finanzämter die Empfänger in regelmäßigen Abständen überprüfen. Ergibt sich dann später die Steuerpflicht, während man nicht gezahlt hat, können Nachzahlungen für die vergangenen Jahre plus Zinsen fällig werden. Dabei kommen schnell einige Tausend Euro zusammen, was manche Senioren vor ein finanzielles Problem stellen könnte.
Rentner, die Bezüge im Umkreis der Freigrenze erhalten, sollten im Übrigen nicht nur ihre Rente betrachten, sondern auch eventuelle weitere Einkünfte. Bekommen sie beispielsweise Miete für eine vermieteten Wohnung oder erwirtschaften sie noch ein Arbeitseinkommen, so werden diese zur Rente hinzugerechnet. Aus der Summe ergibt sich dann die Steuerzahlung. Wer Beratung braucht, kann sich an die Lohnsteuerhilfevereine wenden oder Steuerberater kontaktieren. Information und Anmeldung unter www.schwaebische.de/akademie oder akademie@schwaebisch-media.de