Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sechs Rekorde machen Lust auf Rio
Die deutschen Schwimmer überzeugen bei der Meisterschaft in Berlin, Steffen Deibler muss um Einzelstart zittern
BERLIN (dpa/sz) - Angst vor einem neuen Olympia-Debakel müssen die deutschen Schwimmer nicht haben. Sechs deutsche Rekorde und mehr als ein Dutzend Plätze unter den Top Ten der Weltjahresbestenliste mit Weltmeister Marco Koch als Nummer eins machen Hoffnung auf die ersten Olympia-Medaillen seit 2008. Koch, Weltrekordler Paul Biedermann und die WM-Vierte Franziska Hentke dürften nach den Meisterschaften aussichtsreichste Kandidaten in Rio sein, aber auch einige Nachwuchskräfte tauchten in Berlin auf.
„Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden. Es gab nicht nur ein, zwei herausragende Einzelkönner, sondern auch eine ganze Bandbreite von jungen Leuten“, sagte Bundestrainer Henning Lambertz. Er rechnet mit einem etwa 30-köpfigen Team, das für mindestens zwei Medaillen gut sein soll. Bei einem zweiten Wettkampf muss die DM-Leistung für das Rio-Ticket bis Anfang Juli bestätigt werden.
Biedermannn nutzte das attraktivste Rennen über seine Paradestrecke 200 Meter Freistil zu einer Demonstration der Stärke. In 1:45,45 Minuten gelang ihm am Sonntag die zweitschnellste Zeit des Jahres. Fast eine Sekunde lag er im Prestigeduell vor Florian Vogel, der die 400 Meter gewann. Das reicht ihm aber noch lange nicht. „Da muss man in Rio schon deutlich schneller sein, wenn man in Metallebenen vordringen möchte“, sagte Biedermann.
Koch zwickte noch im Vorlauf die Schulter, davon war im Finale über 200 Meter Brust nichts zu sehen. In 2:07,88 Minuten schwamm der Rio-Favorit nah an seine Weltjahresbestzeit heran. „Das lässt hoffen, ich muss nur noch die Schulter in den Griff krie- gen“, sagte der Darmstädter. Den fest eingeplanten Start bei der EM in London vom 16. Mai an will er trotzdem wie Hentke wahrnehmen.
Rekordfrau von Berlin war mit vier Bestmarken Alexandra Wenk. Die Münchnerin löschte über 200 Meter Lagen am Samstag den 35 Jahre alten Rekord von Ute Geweniger aus dopingbelasteten DDR-Zeiten. Tags darauf verbesserte die 21-Jährige auch die Bestmarke über 100 Meter Schmetterling – 57,76 Sekunden im Vorlauf ließ sie im Finale 57,70 folgen. „Ich bin super zufrieden, aber langsam ist auch irgendwann der Ofen aus“, berichtete Wenk erleichtert.
Nüchterner interpretierte Hentke ihre Darbietungen. Die WM-Vierte über 200 Meter Schmetterling sah trotz weltweit zweitbester Zeit noch Luft nach oben. „Ich wäre gerne Weltjahresbestzeit geschwommen“, sagte die Magdeburgerin.
Die Überraschung von Berlin war Freistilsprinter Damian Wierling. Im Vorlauf verbesserte der 20-jährige Essener in 21,81 Sekunden den acht Jahre alten deutschen Rekord und steigerte dabei seine Bestzeit um sechs Zehntel. „Ich habe damit null gerechnet“, sagte der Doppel-Meister über 50 und 100 Meter Freistil. Seine Leistungsexplosion erklärte Lambertz mit einem gesteigerten Krafttraining. Noch souveräner war Dreifach-Meister Jan-Philip Glania über 50, 100 und 200 Meter Rücken. Der Olympia-Vierte Steffen Deibler aus Biberach siegte in 52,16 Sekunden über 100 Meter Schmetterling knapp vor dem Münchner Markus Kusch (52,17), verpasste aber die Norm und kann vorerst nur auf einen Platz in der Lagen-Staffel hoffen. Ganz fehlen wird Rücken-Europameisterin Jenny Mensing.