Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Viel Druck, wenig Zählbares
Eishockey-Nationalmannschaft startet mit zwei Niederlagen in die Weltmeisterschaft
ST. PETERSBURG (dpa/SID) - Auf die Ernüchterung zum Auftakt folgte die Lehrstunde: Die deutsche EishockeyNationalmannschaft hat im zweiten WM-Spiel gegen Finnland einen Klassenunterschied aufgezeigt bekommen und muss einen verpatzten Start verdauen. 24 Stunden nach der Niederlage gegen Frankreich hatte die Auswahl von Bundestrainer Marco Sturm beim 1:5 (0:2, 1:2, 0:1) gegen den zweimaligen Titelträger keine Chance. Sollte sie auch am Dienstag gegen die Slowakei verlieren, wird es bei bislang nur einem gewonnenen Punkt immer schwieriger, das Viertelfinale zu erreichen.
Den einzigen deutschen Treffer erzielte am Sonntag in St. Petersburg WM-Debütant Brooks Macek (39. Minute). Gegen den Weltmeister-Tipp Marco Sturms präsentierten sich die deutschen Kufencracks viel zu harmlos. „Finnland war einfach das bessere Team. Die ersten 10 bis 15 Minuten waren wir vom Kopf und vom Körper nicht da“, urteilte der Bundestrainer. Für den zweimaligen Weltmeister nutzten Toptalent Patrik Laine (7./ 60.), Leo Komarov (10.), Sebastian Aho (30.) und Jarno Koskiranta (38.) kompromisslos die Chancen, drei Tore fielen bei deutscher Unterzahl. „Der Start hat uns das gekostet. Wenn man so schnell 0:2 hinten liegt, brauchst du dir gegen Finnland keine Hoffnungen machen“, meinte Nordamerika-Profi Korbinian Holzer. Damit startete die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes erstmals seit drei Jahren wieder mit zwei WMNiederlagen. Absteigen kann sie nicht, weil Deutschland als Ausrichter der WM 2017 gesetzt ist.
Das Problem heißt Huet Spätestens dann soll das deutsche Eishockey-Team konkurrenzfähig sein, auf Anhieb kann aber auch der deutsche NHL-Rekordspieler Sturm nicht alle Probleme lösen. Schon am Vortag waren seine Spieler nach dem 2:3 nach Penaltyschießen gegen Frankreich enttäuscht vom Eis ge- schlichen. „Die Jungs waren nervös, vielleicht ein bisschen zu aufgeregt“, hatte Sturm erklärt. Und: Sie hatten in Cristobal Huet, Frankreichs inzwischen 40-jährigem Nr.-1-Torhüter, Stanley-Cup-Sieger 2010, eine Mauer gegen sich. Alle drei Penalties parierte der frühere Mannheimer; auf der Gegenseite verwandelte Damien Fleury (Schwenninger Wild Wings) bemerkenswert souverän.
Für die fast unlösbare Aufgabe gegen die Finnen stellte Marco Sturm um und brachte die beiden Stürmer Gerrit Fauser und Dominik Kahun sowie Verteidiger Torsten Ankert. Traditionell liegt der Titelträger von 1995 und 2011 den Deutschen überhaupt nicht. Die mit sieben NHL-Profis angetretenen Finnen bestimmten sofort das Tempo, drückten Deutschland fast ausschließlich in die Defensive. Torhüter Timo Pielmeier hatte erwartungsgemäß viel Arbeit, schon bei der ersten finnischen Überzahl kassierte er den ersten Treffer. Keine drei Minuten später spielte der Favorit seine Überlegenheit so aus, dass NHL-Profi Komarov vom Torkreis einschob. Nach der ersten Pause gelang es den Deutschen besser, den Favorit vom eigenen Tor fernzuhalten. Sie kamen zu mehr Spielanteilen. Doch die Finnen agierten weiterhin effektiv. So erhöhten sie auf 4:0, ehe sich die Deutschen über ihren Treffer freuen durften: Nach feinem Pass Leon Draisaitls („Der Start ist uns nicht so gut gelungen, das müssen wir eindeutig besser machen. Danach war es über weite Strecken aber eine gute Leistung von uns.“) schoss der Deutsch-Kanadier Macek die Scheibe unter die Latte.
Marco Sturms Mannschaft kann sich nun an einem freien Tag auf die Slowakei vorbereiten, um den hohen Erwartungen vor Turnierbeginn doch noch gerecht zu werden. „Vielleicht war es deswegen auch nicht der Start, wie wir ihn uns gewünscht haben“, sagte der 37-Jährige, „weil eben bei dem einen oder anderen der Druck zu hoch war.“Geringer wird er kaum ...