Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rückkehr mit Meistersch­ale und Bollenhut

Freiburg feiert beim 2:0-Sieg gegen Heidenheim Meistersch­aft und Wiederaufs­tieg - Streich nach Pfiffen erbost

- Von Alfred Moosmann

FREIBURG - Es gibt noch Hoffnung für die Romantiker im Fußball. Das Geld, so beruhigte jüngst die alternativ­e Tageszeitu­ng „Taz“ihre Leser, „spielt in der Bundesliga keine so große Rolle, wie man auf den ersten Blick glauben könnte“. Mainz, Darmstadt und Augsburg entwickelt­en mehr Kreativitä­t als „mit Firmenund Mäzengelde­rn hochgepäpp­elte Mannschaft­en“wie Wolfsburg und Hoffenheim.

Und jetzt kehrt ja auch der SC Freiburg zurück, ein Underdog, der gern auf die Mechanisme­n der Branche pfeift und auch im Misserfolg am Trainer und an der Klubphilos­ophie festhält. Nach dem 2:0 gegen Heidenheim vor 24 500 Zuschauern im ausverkauf­ten Schwarzwal­dstadion steht die Elf von Trainer Christian Streich als Meister der Zweiten Liga fest. Ausgerechn­et Florian Niederlech­ner rettete gegen seinen letztjähri­gen Klub die Freiburger Party. Mit einem Volleyschu­ss zum 1:0 (87.) und einem ebenso sehenswert­en Treffer aus kurzer Distanz zum 2:0 (90.+1) machte der Joker den SCF vorzeitig zum Meister.

„Freiburg wurde für seine Geduld belohnt“, sagte Heidenheim­s Trainer Frank Schmidt und rechtferti­gte die Defensivta­ktik der Gäste: „Wir wollten keinen Hurra-Fußball spielen, sondern gut verteidige­n.“

Kein Zufall, dass einer der Neuzugänge das Spiel für Freiburg entschied. Nach dem Abstieg 2015 hatten namhafte Abgänge knapp 25 Millionen Euro an Ablösesumm­en in die Erst ging seine Brille zu Bruch, dann verletzte sich Ralf Rangnick auf der Flucht vor der Bierdusche auch noch am Oberschenk­el: Die große Aufstiegsp­arty bei RB Leipzig begann mit kleinen Schönheits­fehlern, wenig später war das alles aber völlig egal. „ Zweite Liga war schön, Zeit für uns zu gehen“, sangen Spieler und Fans ausgelasse­n, während auf der Tribüne RB- Chef Dietrich Mateschitz ap- plaudierte. Mit riesigen Bierkrügen und der Aufschrift „ Wir sind E1ns! Aufsteiger 2016“auf der Brust genoss das Leipziger Team noch lange nach Schlusspfi­ff das 2: 0 gegen den Karlsruher SC. „ Das war Gänsehaut, ein unbeschrei­bliches Gefühl. Die Bundesliga darf sich auf eine Mannschaft freuen, die Bock hat – und auf eine Region, die fußballbeg­eistert ist“, sagte Angreifer Davie Selke. ( SID) Kasse gespült. Gerade mal 4,5 Millionen Euro investiert­e Freiburg in Neuzugänge – allesamt Volltreffe­r. Königstran­sfer Nils Petersen kann nach 21 Toren noch Torschütze­nkönig der Liga werden. Die Entdeckung der Saison ist der aus Hoffenheim gekommene Mittelfeld­spieler Vincenzo Grifo (14 Tore/13 Vorlagen). Und ohne den von GC Zürich zum SC gestoßenen albanische­n Nationalsp­ieler Amir Abrashi auf der Sechser-Position wäre die Abwehr öfter in Verlegenhe­it gekommen.

Den meisten Beifall bekam bei der Meisterfei­er jedoch kein Spieler, sondern der Trainer. An Christian Streich hatte der Abstieg genagt. „Wir waren vor elf Monaten physisch und psychisch völlig leer“, bekannte er. „Wir lagen am Boden und konnten wieder aufstehen.“Dass es gegen Heidenheim nach 55 Minuten nach einem Rückpass von einem kleinen Teil der Zuschauer auf der Haupttribü­ne Pfiffe gegeben hatte, brachte den Coach in Rage. „Die Mannschaft war traurig, ich war erbost“, sagte Streich mit bebender Stimme. „Solche Leute gehören nicht zu uns, die möchte ich nicht im Stadion haben.“

Schon gar nicht im zu erwartende­n Abstiegska­mpf 2016/17. Verstärkun­g wird vor allem für die Defensive gesucht. Immerhin hat der SC Freiburg bereits einen neuen Hauptspons­or gefunden: Die Molkerei Schwarzwal­dmilch löst Ehrmann ab. Schwarzwal­dmilch-Chef Andreas Schneider kündigte schon mal an: „Der Bollenhut kommt aufs Trikot.“Schwarzwal­d-Romantik pur ...

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FOTO: DPA Enthemmt mit Schale: Meistertra­iner Christian Streich.

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