Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rückkehr mit Meisterschale und Bollenhut
Freiburg feiert beim 2:0-Sieg gegen Heidenheim Meisterschaft und Wiederaufstieg - Streich nach Pfiffen erbost
FREIBURG - Es gibt noch Hoffnung für die Romantiker im Fußball. Das Geld, so beruhigte jüngst die alternative Tageszeitung „Taz“ihre Leser, „spielt in der Bundesliga keine so große Rolle, wie man auf den ersten Blick glauben könnte“. Mainz, Darmstadt und Augsburg entwickelten mehr Kreativität als „mit Firmenund Mäzengeldern hochgepäppelte Mannschaften“wie Wolfsburg und Hoffenheim.
Und jetzt kehrt ja auch der SC Freiburg zurück, ein Underdog, der gern auf die Mechanismen der Branche pfeift und auch im Misserfolg am Trainer und an der Klubphilosophie festhält. Nach dem 2:0 gegen Heidenheim vor 24 500 Zuschauern im ausverkauften Schwarzwaldstadion steht die Elf von Trainer Christian Streich als Meister der Zweiten Liga fest. Ausgerechnet Florian Niederlechner rettete gegen seinen letztjährigen Klub die Freiburger Party. Mit einem Volleyschuss zum 1:0 (87.) und einem ebenso sehenswerten Treffer aus kurzer Distanz zum 2:0 (90.+1) machte der Joker den SCF vorzeitig zum Meister.
„Freiburg wurde für seine Geduld belohnt“, sagte Heidenheims Trainer Frank Schmidt und rechtfertigte die Defensivtaktik der Gäste: „Wir wollten keinen Hurra-Fußball spielen, sondern gut verteidigen.“
Kein Zufall, dass einer der Neuzugänge das Spiel für Freiburg entschied. Nach dem Abstieg 2015 hatten namhafte Abgänge knapp 25 Millionen Euro an Ablösesummen in die Erst ging seine Brille zu Bruch, dann verletzte sich Ralf Rangnick auf der Flucht vor der Bierdusche auch noch am Oberschenkel: Die große Aufstiegsparty bei RB Leipzig begann mit kleinen Schönheitsfehlern, wenig später war das alles aber völlig egal. „ Zweite Liga war schön, Zeit für uns zu gehen“, sangen Spieler und Fans ausgelassen, während auf der Tribüne RB- Chef Dietrich Mateschitz ap- plaudierte. Mit riesigen Bierkrügen und der Aufschrift „ Wir sind E1ns! Aufsteiger 2016“auf der Brust genoss das Leipziger Team noch lange nach Schlusspfiff das 2: 0 gegen den Karlsruher SC. „ Das war Gänsehaut, ein unbeschreibliches Gefühl. Die Bundesliga darf sich auf eine Mannschaft freuen, die Bock hat – und auf eine Region, die fußballbegeistert ist“, sagte Angreifer Davie Selke. ( SID) Kasse gespült. Gerade mal 4,5 Millionen Euro investierte Freiburg in Neuzugänge – allesamt Volltreffer. Königstransfer Nils Petersen kann nach 21 Toren noch Torschützenkönig der Liga werden. Die Entdeckung der Saison ist der aus Hoffenheim gekommene Mittelfeldspieler Vincenzo Grifo (14 Tore/13 Vorlagen). Und ohne den von GC Zürich zum SC gestoßenen albanischen Nationalspieler Amir Abrashi auf der Sechser-Position wäre die Abwehr öfter in Verlegenheit gekommen.
Den meisten Beifall bekam bei der Meisterfeier jedoch kein Spieler, sondern der Trainer. An Christian Streich hatte der Abstieg genagt. „Wir waren vor elf Monaten physisch und psychisch völlig leer“, bekannte er. „Wir lagen am Boden und konnten wieder aufstehen.“Dass es gegen Heidenheim nach 55 Minuten nach einem Rückpass von einem kleinen Teil der Zuschauer auf der Haupttribüne Pfiffe gegeben hatte, brachte den Coach in Rage. „Die Mannschaft war traurig, ich war erbost“, sagte Streich mit bebender Stimme. „Solche Leute gehören nicht zu uns, die möchte ich nicht im Stadion haben.“
Schon gar nicht im zu erwartenden Abstiegskampf 2016/17. Verstärkung wird vor allem für die Defensive gesucht. Immerhin hat der SC Freiburg bereits einen neuen Hauptsponsor gefunden: Die Molkerei Schwarzwaldmilch löst Ehrmann ab. Schwarzwaldmilch-Chef Andreas Schneider kündigte schon mal an: „Der Bollenhut kommt aufs Trikot.“Schwarzwald-Romantik pur ...