Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das achte Weltwunder

- Von Bernd Hüttenhofe­r

33 Spieltage lang haben wir jetzt Bundesliga geschaut – und immer noch nichts begriffen. „Wenn man die letzten drei Spiele gesehen hat“, sprach Peter Fischer, „dann kann man davon ausgehen, dass sich die Bundesliga am nächsten Samstag um 17.20 Uhr darauf freuen kann, die geilste Mannschaft ein weiteres Jahr in der ersten Klasse zu haben.“Gerade hatte sich seine Frankfurte­r Eintracht nach einem feinen Kopfballto­r von Stephan Aigner (14.) ein 1:0 gegen Borussia Dortmund ermauert. Mit Mann und Maus am eigenen Strafraum und letztem Einsatz sowie der Mithilfe von Schiedsric­hter Bastian Dankert (Rostock), der ein astreines Tor von Mats Hummels aberkannte, überstande­n die Hessen 77 Prozent Ballbesitz des Gegners und ein halbes Dutzend bester Torchancen schadlos.

„Das ist unglaublic­h, ich bin so stolz“, sagte Torhüter Lukas Hradecky: „Wir haben uns das Herz herausgekä­mpft.“Trainer Nico Kovac aber war schon klar, dass auch eine Menge Glück im Spiel war. „Wir hätten hier auch mit wehenden Fahnen untergehen können.“Dass sich eine so deutliche Unterlegen­heit nicht im Ergebnis niederschl­ägt, gibt es nur im Fußball. Man kann das ganz toll Heimkehr der Helden: Darmstädte­r Fans am Böllenfall­tor erwarten den Bus der 98er, die ein weiteres Jahr Bundesliga erkämpft haben.

finden, muss es aber nicht. Als neutraler Beobachter darf man sogar feststelle­n, dass das „Geile“an der Eintracht weniger die Mannschaft ist als das Umfeld. Große Stadt, großes Stadion, großer Name, viele Fans.

Das haben die Frankfurte­r gemein mit der Konkurrenz aus Bremen. Mit Werder spielen sie am Samstag im sogenannte­n Abstiegsen­dspiel wohl nur noch den Relegation­splatz aus, nachdem sich für den zweiten Zweitligap­latz mit der fünften Niederlage in Folge freundlich­erweise der VfB Stuttgart aufgedräng­t hat. Die Eintracht dagegen hat nun dreimal in Folge gewonnen (zuvor jeweils 2:1 gegen Mainz und in Darmstadt) und kann sich deshalb schon mit einem Remis in Bremen den Klassenerh­alt

sichern. Der direkte Abstieg ist kein Thema mehr. „Die größte Gefahr ist gebannt. Wir haben schon viel mehr erreicht, als wir vor Wochen noch zu träumen gewagt hatten“, sagte der Vorstandsv­orsitzende Heribert Bruchhagen, der nach zwölfeinha­lb Jahren aufhört. „Man muss jetzt kein Prophet sein, um die Prognose zu wagen, dass uns im schlimmste­n Fall die Relegation droht.“

Das wäre dann der Fall, wenn Werder noch so einen Heimauftri­tt hinlegt wie beim 6:2 gegen Stuttgart. In Köln reichte es nur zu einem 0:0, aber das schien in Bremen niemand zu belasten. „Mir geht’s gut. Alles in Ordnung“, sagte Manager Thomas Eichin lächelnd mit den Händen lässig in den Hosentasch­en: „Wir haben

In Darmstadt und Augsburg können die Fans am Samstag ihre Energie von Anfang an zum Feiern einsetzen. „Es ist das achte Weltwunder“, fasste Darmstadts Flügelflit­zer Marcel Heller den Klassenerh­alt des Neulings nach dem 2:1-Coup in Berlin treffend in Worte. Trainer Dirk Schuster rief das Ende der Disziplin aus: „Die Spieler haben frei bis Dienstag, sie können machen, was sie wollen.“Kollege Pal Dardai, dessen Hertha mit der vierten Niederlage in Folge die Chance auf die Champions-League-Teilnahme verspielt hat, findet nur noch auf privater Ebene Gefallen an seinen Spielern. „Alle zu brav, zu nett, Superjungs. Wenn ich eine Tochter hätte, hätte ich sie alle gern als Schwiegers­öhne.“Die routiniert­en Nichtabste­iger des FC Augsburg sind deutlich abgebrühte­re Gesellen. „Ein Bierchen muss heute drin sein“, meinte Halil Altintop trocken nach dem nicht mehr nötigen Punktgewin­n auf Schalke (1:1).

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