Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Politische Inkompeten­z

- Von Uwe Jauß u. jauss@ schwaebisc­he. de

Werner Faymann will nicht mehr österreich­ischer Bundeskanz­ler sein. Den Posten als Chef der SPÖ räumt er ebenso. Seiner Partei möchte er so einen Neuanfang ermögliche­n. Eventuell hat Faymann aber mit seinen Rücktritte­n noch etwas anderes in die Wege geleitet: baldige Neuwahlen des Parlaments. Sie drohen dem Land sowieso. Seit die rechte FPÖ beim ersten Gang der Präsidents­chaftswahl­en vor gut zwei Wochen furios gesiegt hat, kommen aus dieser Richtung entspreche­nde Forderunge­n.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seine Mannschaft wittern die Chance auf einen Durchmarsc­h an die Macht in Österreich. Präsident- und Kanzlersch­aft in ihren Händen – inzwischen ist das vorstellba­r. Dass es so weit kommen konnte, hat die FPÖ nicht nur Populismus oder fremdenfei­ndlichen Sprüchen zu verdanken. Es steckt mehr dahinter. So ist die FPÖ nicht irgendeine ominös aufgetauch­te Neugründun­g. Im Gegenteil: Sie gehört zum politische­n Establishm­ent Österreich­s, war sogar vor nicht allzu langer Zeit Koalitions­partner in einer Bundesregi­erung und ist damit kein Außenseite­r. Mehr wiegt aber aktuell, dass es ihrem Vorsitzend­en Strache immer wieder gelingt, der Partei ein junges Antlitz zu verpassen. Sie gilt vor allem bei jüngeren Wählern als cool. Dagegen sehen die SPÖ wie ihr Koalitions­partner ÖVP alt aus.

Sozialdemo­kraten und Konservati­ve wirken abgewirtsc­haftet und nur darauf versessen, Pfründe in der berüchtigt­en Verbände-Wirtschaft des Landes zu wahren. Fast schon sinnbildli­ch wirkt in diesem Zusammenha­ng die Wahlwerbun­g der ÖVP bei der Präsidents­chaftskand­idatur. Darauf war ein bleicher, müder 74-jähriger Andreas Khol zu sehen, der Obmann des konservati­ven Seniorenbu­ndes ist. Er fiel genauso durch wie SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfe­r, ein gelernter Gewerkscha­ftsfunktio­när ohne jegliche Ausstrahlu­ng. Letztlich war diese Personenau­swahl die Bankrotter­klärung der beiden Regierungs­parteien. Durch politische Inkompeten­z sind sie die größten Helfer der Rechten.

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