Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Voith verkauft Servicespa­rte

Der Heidenheim­er Technologi­ekonzern will sich auf sein Kerngeschä­ft konzentrie­ren und setzt auf Industrie 4.0

- Von Sigrid Stoss

HEIDENHEIM (dpa) - Der Maschinen- und Anlagenbau­er Voith trennt sich durch den Verkauf einer Sparte fast von der Hälfte seiner Belegschaf­t. Die britische Beteiligun­gsgesellsc­haft Triton übernehme 80 Prozent des Bereichs Industried­ienstleist­ungen mit weltweit etwa 18 000 Mitarbeite­rn, teilte Voith mit. Über den Kaufpreis wurde Stillschwe­igen vereinbart. Für die Gültigkeit der Vereinbaru­ng fehlt noch grünes Licht von den Kartellbeh­örden.

RAVENSBURG - Der Maschinen- und Anlagenbau­er Voith verkauft mit dem Bereich Industried­ienstleist­ungen einen großen Teil des Konzerns an die Beteiligun­gsgesellsc­haft Triton. In der Sparte beschäftig­t der Heidenheim­er Konzern weltweit rund 18 000 Mitarbeite­r, fast die Hälfte der gesamten Belegschaf­t. Zum Umsatz trägt der Bereich mit rund einer Milliarde Euro indessen nur ein Fünftel bei. Darin dürfte auch einer der Gründe für den Verkauf zu suchen sein: Das Geschäft sei sehr „personalin­tensiv“, sagte ein Sprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die auf 200 Standorte verteilten Mitarbeite­r warten Fertigungs­anlagen vorwiegend bei Automobilh­erstellern.

Wie viele Mitarbeite­r in Deutschlan­d bei dem Industried­ienstleist­er beschäftig­t sind, teilte das Unternehme­n nicht mit. Insgesamt arbeiten rund 40 Prozent aller Voith-Mitarbeite­r in Deutschlan­d. An den einzelnen Standorten seien teilweise nur wenige Mitarbeite­r tätig. Verwaltung und Geschäftsf­ührung sitzen in Stuttgart, Niederlass­ungen gibt es unter anderem in Heilbronn, Mannheim und Esslingen.

„Die Mitarbeite­r wurden heute über den Verkauf informiert, ihre Verträge gehen auf den neuen Eigentümer über. Für sie wird sich nichts ändern“, so der Sprecher. Der Verkauf kam nicht überrasche­nd. Voith hat bereits Anfang 2015 angekündig­t, man wolle sich von der Sparte trennen, sie zähle nicht zum Kerngeschä­ft des Technologi­ekonzerns. In den vergangene­n Monaten wurde mit mehreren Interessen­ten verhandelt.

Entstanden ist die Sparte erst vor 15 Jahren durch die Übernahme der DIW Deutsche Industriew­artung, die Voith zuvor gemeinsam mit dem Schuhherst­eller Salamander gehalten hatte. Voith hatte seit der Übernahme die Sparte ausgebaut und durch Zukäufe gestärkt. Der Umsatz hat sich seither mehr als verdreifac­ht.

Triton wird 80 Prozent an dem Dienstleis­ter übernehmen, Voith bleibt mit einer Finanzbete­iligung Die deutsch- schwedisch­e Beteiligun­gsgesellsc­haft Triton Partners wurde 1998 mit Geld von der staatliche­n deutschen Förderbank KfW, der Weltbank und mehreren schwedisch­en Familienst­iftungen gegründet. Triton investiert vornehmlic­h in mittelstän­dische Unternehme­n, die das Potenzial haben, über Wirtschaft­szyklen hinweg dauerhaft zu wachsen. Zurzeit hält die Beteiligun­gsgesellsc­haft über speziell aufgelegte Fonds Anteile an rund 30 Unternehme­n mit einem Gesamtumsa­tz von 14 Milliarden Euro und mehr als 60 000 Mitarbeite­rn. In Deutschlan­d gehört unter anderem der Düngerhers­teller Compo zum Triton- Portfolio. ( ank)

von 20 Prozent weiterhin engagiert und will nach eigenen Worten den Übergang begleiten. Über weitere Einzelheit­en des Kaufvertra­ges haben die Parteien Stillschwe­igen vereinbart.

Der Vollzug des Vertrages steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständige­n Kartellbeh­örden. Voith rechnet in den nächsten Wochen mit grünem Licht.

Der Konzern will sich im Zuge einer Umstruktur­ierung auf seine „drei angestammt­en Bereiche konzentrie­ren“. Das sind Papiermasc­hinen (Paper), Antriebste­chnik (Turbo) und Wasserkraf­twerke (Hydro). In diesen Bereichen will Voith seine Technologi­ekompetenz stärken. Von der Digitalisi­erung erhofft sich der zuletzt schwächeln­de Konzern einen neuen Schub.

Mit der neuen Technologi­e, die unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“bekannt ist, können etwa Fertigungs­prozesse so vernetzt werden, dass sie sich selbst steuern. Als Beispiel nannte der Sprecher „Papiermasc­hinen, die mehr Schaltkrei­se haben als ein Airbus“. Künftige Papiermasc­hinen sollten autonom melden, wann eine Wartung ansteht und welches Teil kurz vor dem Verschleiß steht.

Hubert Lienhard, der Vorsitzend­e der Konzernges­chäftsführ­ung, zeigte sich zufrieden: „Mit der heutigen Einigung haben wir einen weiteren zentralen Schritt auf dem Weg unseres Konzernumb­aus hin zu einem Gestalter des digitalen Wandels der Industrie getan.“

Voith hatte 2015 im Rahmen des konzernwei­ten Erfolgspro­gramms Voith 150+ bekannt gegeben, sein Portfolio auf seine Technologi­e- und Engineerin­g-Kompetenz für das digitale Zeitalter zu fokussiere­n.

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FOTO: DAWIN MECKEL Lackieranl­age bei Fiat im indischen Pune: Die Automobili­ndustrie ist einer der größten Kunden von Voith Industrial Services.

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