Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Kleinod in Oberschwaben
Erster Tourismustag soll mehr Gäste auf die Blitzenreuter Seenplatte locken
WOLPERTSWENDE/FRONREUTE - Die Gemeinden Wolpertswende und Fronreute haben einen ersten Tourismustag ins Leben gerufen. Das Ziel: Das Naherholungsgebiet und Naturschutzgebiet Blitzenreuter Seenplatte soll in der Region bekannter werden und mehr Touristen in die beiden Gemeinden locken.
Es ist ein Nachmittag am Häcklerweiher, auf Fronreuter Gemeindegebiet. Der Wanderführer André Kappler empfängt die Gäste und will in die Gemeinde Wolpertswende bis hin zum Vorsee führen. Normalerweise starten hier immer sonntags die Touren, auf denen Kappler und elf andere Wanderführer durch die Blitzenreuter Seenplatte führen. Doch dieses Mal sind es keine normalen Gäste, sondern Besitzer von Ferienwohnungen und auch Tourismusbüros, die sich anschauen wollen/sollen, wo sie Besucher hinschicken sollen.
„Wir sind in der Region Bodensee-Oberschwaben nicht Tourismusdestination Nummer eins oder zwei, aber wir sind trotzdem ein touristisches Kleinod“, sagt Fronreutes Bürgermeister Oliver Spieß. Das soll diese Veranstaltung bekräftigen, zu der knapp 20 Interessierte gekommen sind. Angeschrieben waren etwa 80 Personen und Institutionen, wie es auf der Tour hieß. Es geht darum, Werbung für die Blitzenreuter Seenplatte zu machen.
Landschaft bei Eiszeit entstanden Denn der Tourismus ist – wie überall – auch für die beiden Gemeinden ein kleiner Wirtschaftsfaktor, auch wenn es keine große Hotellerie gibt. Dieser Wirtschaftsfaktor sei zwar sehr, sehr klein, aber man spüre es, sagt Spieß. „Gerade die Bäckereien oder auch Supermärkte sagen, dass viele Gäste, die auf der Blitzenreuter Seenplatte unterwegs waren, zum Einkaufen anhalten. Das merkt man also schon“, so der Fronreuter Bürgermeister. Die Gasthäuser und Besenwirtschaften rundherum profitieren ebenfalls davon.
Immerhin nahmen bei den offiziellen Touren an den Wochenenden laut Auskünften der Gemeinde Fronreute im vergangenen Jahr knapp 1300 Personen teil. Da sind die vielen anderen Gäste, die einfach so anhalten, dort auf dem Naturerlebnispfad spazieren gehen oder im Sommer im Häcklerweiher baden, nicht mitgerechnet. 80 Prozent der Gäste kommen aus Oberschwaben, etwa 20 Prozent aus den Kurstädten. „Deswegen ist es besonders wichtig, dass wir uns für die Leute von hier attraktiv darstellen“, sagt André Kappler.
Die kleinen Gemeinden Wolpertswende und Fronreute spielen am Tourismustag alle Trümpfe aus, die sie haben. André Kappler sowie die anderen Gästeführer Marianne Lörcher und Josef Fürst zeigen, was Fronreute und Wolpertswende können. Kappler erzählt, wie die Landschaft in Oberschwaben und der Bodensee entstanden ist. „Die letzte Eiszeit vor 15 000 Jahren, als das Eis einen Kilometer dick war, hat diese Landschaft geprägt“, weiß er und zeigt, auf einem Modell am Häcklerweiher, wie der Wasserlauf noch heute funktioniert und Schussen und Seen miteinander verbunden sind.
Er weiß viel von der Geschichte zu berichten. Wie etwa als der König von Württemberg einst die Seen auf der Blitzenreuter Seenplatte trockenlegen und urbares Land schaffen wollte, die Bauern erfolgreich eine Petition beim König eingaben und somit die Kulturlandschaft schützten. Aber nicht aus diesem Antriebs- grund, sondern weil sie in den Seen und Bächen Fische und Krebse züchteten und verkauften. Zum Hintergrund weiß Kappler: Der Fischpreis lag damals zehnmal über den Fleischpreisen, und der Fisch aus Oberschwaben wurde bis nach Straßburg verkauft. Oder auch, dass noch vor 100 Jahren am Häckler 1000 Lachmöwen brüteten.
Das Naturschutzgebiet ist einmalig, das wird klar, wenn man hört, was die Gästeführer erzählen. So einmalig, dass auch die Europäische Union Projekte auf der Seenplatte mit 60 Prozent fördert. Des Weiteren sind das Land Baden-Württemberg, der Landkreis Ravensburg, die Gemeinden Fronreute und Wolpertswende, die Stiftung Naturschutzfonds beim Ministerium Ländlicher Raum und der Projektträger Pro Regio Oberschwaben beteiligt. Schließlich finden sich in dem Gebiet seltene Tiere und Pflanzen wieder – wie etwa die Strauchbirke am Vorsee, die es normalerweise nur im russischen Raum gibt. Hier ist sie ein Relikt aus der Eiszeit. Und auch geschichtlich interessant wird es, wenn man weiß, dass es im Schreckensee eine versunkene Pfahlbausiedlung aus der Steinzeit gibt, wie Archäologen herausgefunden haben.
Die Gäste sind begeistert, als sie bei einem Zwischenstopp an der Sudetenhütte, einer kleinen Holzhütte auf dem Weg zum Vorsee, von Jäger Bruno Zettler erklärt bekommen, welche Tiere in den Wäldern rund um die Seen leben. Das macht Zettler vor allem für Schulklassen, oder wenn man sich vorher anmeldet. Auch wer ohne Führung wandert, kann allerhand an Schautafeln über die Natur erfahren.
Trotz Regens waren die Gäste fasziniert von der Landschaft. „Da kommt man doch gerne her und empfiehlt es auch gerne weiter“, sagt eine Frau, während am Vorsee ein Schwanenpaar neugierig die Besucher betrachtet. Das heißt: Die Vorzeichen stehen gut, denn der Tourismustag soll sich etablieren und in Zukunft regelmäßig stattfinden, wie Wolpertswendes Bürgermeister Daniel Steiner sagt. Besuche auf der Blitzenreuter Seenplatte lassen sich gut mit leichten Wanderungen wie etwa auf dem Panoramaweg nach Wolpertswende mit Blick über das Schussental bis hin zu den Alpen oder etwa dem Kapellenweg kombinieren. Die Wege sind alle ausgeschildert. Weitere Informationen, auch zu den jeweils aktuellen Thementouren an den Wochenenden, finden sich im Internet unter der Adresse:
zwischenschussenundseen. de