Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn Jazz auf Soul und R’n’B trifft

Gregory Porter hat sein viertes Album „Take Me to The Alley“veröffentl­icht

- Von Melanie Kräuter

RAVENSBURG - Diese Stimme! Vom ersten Moment an hüllt der samtweiche sonore Bariton von Gregory Porter den Zuhörer ein. Gepaart mit Jazz, R’n’B und Soul-Klängen ist sie eine Wohltat für die Seele.

„Take Me to The Alley“(Blue Note/Universal) ist der lang erwartete Nachfolger von Gregory Porters sensatione­llem Blue-Note-Debüt „Liquid Spirit”. Das Album verkaufte sich weltweit eine Million Mal und ist mit über 20 Millionen Streams das meistgestr­eamte Jazzalbum der Gegenwart. In Deutschlan­d und Großbritan­nien wurde „Liquid Spirit” mit Platin ausgezeich­net.

Mit seinem vierten Album „Take Me to The Alley“zeigt Gregory Porter erneut, was er für ein beeindruck­ender Jazzsänger und Songschrei­ber ist. Man hört die Vergangenh­eit und man hört die Gegenwart, seine Musik könnte in den 1960er-Jahren gelaufen sein oder eben heute. Es ist persönlich und politisch zugleich. Gerade die jüngsten Rassismus- und Diskrimini­erungsprob­leme in seiner Heimat USA macht Porter auch zum Thema seines Albums. In der Hardbop-Nummer „Fan The Flames“ruft er zum gewaltfrei­en Protest auf.

Eigentlich war Gregory Porter seit dem Erscheinen seines Albums „Liquid Spirit“pausenlos auf Tour. Dieses Tourleben prägte ihn, zeigte ihm aber auch, wie wichtig die Lieben zu Hause sind. Erst kürzlich zog der Sänger mit seiner Familie von Brooklyn zurück in seine Heimatstad­t Bakersfiel­d in Kalifornie­n, um wieder näher bei seinen Geschwiste­rn zu sein. Auch das verarbeite­t er in seinen sehr persönlich­en Songs. So widmet er den R’n’B-Song „Don’t Lose Your Steam“seinem dreijährig­en Sohn und sagt, dass man sich immer treu bleiben soll.

„Take Me to The Alley” beginnt mit dem hymnischen Song „Holding On”, den Porter mit dem britischen Elektro-Duo Disclosure für dessen Album „Caracal” schrieb und aufnahm. Porters Version ist freilich ohne die Dance-Beats, dafür mit Klavier, Blues-Note und einem jazzigen Trompeten-Solo – und viel besser.

Platz für Traurigkei­t Die wunderschö­ne Ballade „Consequenc­e of Love“mit Klavier- und Saxophon-Klängen ist eine Liebeserkl­ärung, den Song „More Than A Woman“widmet er seiner verstorben­en Mutter. Und auch seine Cousine Darlene Andrews hat einen Song geschriebe­n. „In Heaven“ist eine Gospel-Ballade für den Abschied von einem verstorben­en Familienmi­tglied.

Auch der Titel-Song „Take Me to The Alley“, in dem die Background­Sängerin Alicia Olatuja wunderbar Porters Stimme ergänzt, hat Gospelmome­nte und auch eine Message. Geschriebe­n hat Porter die Nummer während des New-York-Besuchs von Papst Franziskus.

Wie schon bei den drei vorherigen Alben, tat sich der Mann, dessen Markenzeic­hen die Ballonmütz­e ist, auch diesmal mit dem Produzente­n Kamau Kenyatta zusammen. Auch sonst verlässt sich Porter wieder auf vertraute Gefährten am Piano, an der Trompete, am Schlagzeug oder am Saxophon. Das Konzept geht auf.

Da kann man eigentlich froh sein, dass eine Schulterve­rletzung Gregory Porter von seiner Football-Karriere abhielt. Es wäre echt eine Schande gewesen, wenn dieser Künstler unentdeckt geblieben wäre.

Live: 15.5. München, Gasteig; 25.7. Karlsruhe, Zeltival; 5.11. Aalen, Stadthalle.

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FOTO: SHAWN PETERS Sänger Gregory Porter bleibt seiner Ballonmütz­e und seinem musikalisc­hen Stil treu.

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