Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der nächste Tiefschlag für Russlands Sport

Neue Enthüllung­en im US-Fernsehen: Mindestens vier Olympiasie­ger von Sotschi sollen gedopt gewesen sein

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BERLIN (SID/sz) - Mindestens vier gedopte russische Olympiasie­ger, Vertuschun­g durch das Kontrollla­bor und Geheimdien­stagenten als Dopingkont­rolleure: Neue Enthüllung­en im US-Fernsehsen­der CBS über anscheinen­d systematis­chen Betrug bei den Spielen in Sotschi 2014 bringen Russland drei Monate vor Olympia in Rio weiter in Verruf. Es soll eine Liste mit russischen Sportlern existieren, die in Sotschi gedopt an den Start gingen.

„Es ist eine schockiere­nde Enthüllung. Wenn das stimmt, ist es ein verheerend­er Schlag für die olympische­n Werte“, sagte Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur Usada und bekannt geworden durch die Aufdeckung des Falles Lance Armstrong. „Wir haben die sehr ernsten Vorwürfe zur Kenntnis genommen und stehen mit der WeltAnti-Doping-Agentur in Kontakt“, teilte das IOC auf Anfrage mit. Russland war in Sotschi mit 13-mal Gold, elfmal Silber und neunmal Bronze Erster im Medaillens­piegel.

Grundlage der neuen Anschuldig­ungen sind insgesamt 15 Stunden lange Gespräche, die Whistleblo­wer Witali Stepanow mit dem damaligen Leiter des russischen Anti-DopingLabo­rs, Gregori Rodtschenk­ow, führ- te und aufzeichne­te. Stepanow, ein ehemaliger Mitarbeite­r der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada, und seine Frau Julia hatten bereits Ende 2014 mit heimlichen Aufnahmen den Betrug in der russischen Leichtathl­etik öffentlich gemacht.

In diesen Gesprächen soll Rodtschenk­ow zugeben, dass mindestens vier Olympiasie­ger während der Spiele mit Steroiden gedopt waren und sein Labor dies vertuscht habe. Zudem erklärte er, im Besitz einer Liste mit den Namen aller russischen Athleten zu sein, die bei den Winterspie­len gedopt an den Start gegangen waren. Rodtschenk­ow soll die Ent- hüllungen in der russischen Leichtathl­etik, die derzeit um den Olympia-Start in Rio bangt, sogar nur als „kleinen Teil“des Gesamtbild­es bezeichnet haben.

Stepanow erklärte darüber hinaus, dass Mitarbeite­r des russischen Inlandsgeh­eimdienste­s FSB in Sotschi verdeckt als Dopingkont­rolleure arbeiteten. Die Wada-Kommission hatte in ihrem Bericht im November 2015 die Anwesenhei­t von FSB-Agenten im Labor bestätigt und von einem staatlich unterstütz­ten Dopingsyst­em sowie einer weitverbre­iteten „Kultur des Betrugs“gesprochen.

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