Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schöner wohnen im Wolfswinkel
Der SC Freiburg verspürt durch den Bundesliga-Aufstieg Rückenwind für sein ambitioniertes Stadionprojekt
FREIBURG - In Frankfurt saß er am Samstag auf der Tribüne der Commerzbank-Arena. Davor sah man ihn im Olympiastadion in Berlin. In der neuen Saison der Fußball-Bundesliga wird Bundestrainer Joachim Löw wieder vermehrt seinen Stammplatz in Freiburg im Block B des Schwarzwaldstadions mit Schwarzwaldblick einnehmen können. Löw, Rekordtorschütze des SC Freiburg (83 Treffer), nennt den SCF seine „sportliche Heimat“– von der Entwicklung ist er angetan: „Ich bin wirklich total überwältigt von der Leistung in dieser Saison. Nach dem Abstieg stand eine ganz neue Mannschaft auf dem Platz, der Etat (17 Millionen Euro, Anm. d. Red.) war begrenzt. Den direkten Wiederaufstieg unter so schwierigen Bedingungen zu schaffen, ist fast das Schwierigste, was man im Fußball erreichen kann. Die Mannschaft hat konstant guten Fußball gespielt, das ist das Werk von Christian Streich.“
Das Vertrauen in den SCF-Trainer war zu Recht immens. „Vom ersten Spieltag an war zu spüren, dass die ganze Stadt hinter uns steht“, sagte Mittelfeldspieler Mike Frantz. „Wir wissen in Freiburg, dass wir immer wieder mal absteigen können, das ist ein kritischer Normalfall für uns, der bad case“, erklärte Klubpräsident Fritz Keller der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. In guten Zeiten deshalb was unters Kopfkissen zu legen, um damit in schlechten Zeiten die Chance auf die Rückkehr zu erhöhen, ist oberstes Freiburger Gebot. Keller sieht sich bestätigt: „Es hat sich wieder gezeigt, wie wichtig unsere Philosophie ist, finanzielle Rücklagen zu bilden und niemals alles auf eine Karte zu setzen.“Hochkarätige Abgänge vor der Saison ersetzten die Breisgauer durch junge hungrige Spieler. „Uns war die perspektivische Strategie wichtig.“
Freiburgs Anspruch ist es, zu den 20 besten Klubs in Deutschland zu gehören. Der Etat wird in der neuen Saison auf 24 Millionen Euro anwachsen, die TV-Einnahmen steigen von 11,9 Millionen Euro auf 30 Millionen. „Es wird schwer für uns in der ersten Liga“, sagt Keller. „Es gibt viele Vereine, die Spieler, die wir gern hätten, für das Dreifache abgreifen.“
Um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, treibt der Sportclub sein Projekt voran: Zur Saison 2019/20 soll der Ball in einem neuen Stadion für 35 000 Zuschauer im Westen der Stadt rollen. Kosten inklusive Infrastruktur: knapp 110 Millionen Euro. Schöner wohnen im Wolfswinkel dank größerer Zuschauerkapazität und besseren Vermarktungsmöglichkeiten – kann der SC als „prosperierender Mittelständler“(Keller) da noch seine Identität bewahren? „Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass man das eine tun kann, ohne das andere zu lassen“, meint der Klubpräsident.
Im August geht der SC Freiburg in seine – mit Unterbrechungen – 17. Erstligasaison. Die Stadioneröffnung 2019 könnte also die 20. Spielzeit einläuten. Dann allerdings ohne Schwarzwaldblick. Der Schwarzwälder Jogi Löw wird bestimmt dennoch zuschauen. Heimat bleibt Heimat.