Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das neue Machtgefüge
Eine grüne Überraschung, eine schwarze Überraschung und – wenig überraschend – ein neuer starker Mann bei der CDU: Die Kabinettsarchitektur der Stuttgarter Kiwi-Koalition macht auf den ersten Blick einen soliden Eindruck. Seit Dienstag ist endgültig klar, wer bei den schwer gebeutelten baden-württembergischen Christdemokraten künftig den Ton angibt. Thomas Strobl ist nicht nur CDU-Landeschef, er besetzt mit dem Innenministerium auch eines der wichtigsten Ressorts, und zugleich wird er stellvertretender Ministerpräsident.
Mit der Nominierung der Unternehmerin und Kommunalpolitikerin Nicole Hoffmeister-Kraut für das Amt der Wirtschaftsministerin ist Strobl ein Überraschungscoup gelungen. Die 43-Jährige steht nicht nur für den vielfach eingeforderten frischen Wind in der Partei, mit ihr ist auch einer Frau der Aufstieg in ein – um die Bereiche Arbeit und Wohnungsbau aufgewertetes – Schlüsselressort gelungen. Es wird ihr den Start allerdings erschweren, dass sie keine Erfahrung in der Leitung einer Großbürokratie hat. Mit der designierten Kultusministerin Susanne Eisenmann haben immerhin zwei von fünf CDU-Ministerien eine Frau an ihrer Spitze – nicht schlecht für eine sogenannte Altherrenpartei.
Die grüne Überraschung ist der neue Sozialminister Manfred Lucha. Auch der aus Bayern stammende Ravensburger hat keinerlei Erfahrung in der Leitung einer großen Behörde. Man darf gespannt sein, ob der bisweilen zu impulsiven Auftritten und zur Selbstinszenierung neigende 55Jährige jenes Gespür für ausgleichende Autorität entwickeln wird, das für ein Ministeramt unabdinglich ist.
Und dann ist da noch der gescheiterte Spitzenkandidat der CDU, Guido Wolf. Man kann in ihm schon den Verlierer des Machtpokers identifizieren. Sehr prestigeträchtig ist das Justizministerium nicht. Aber mit der gleichzeitigen Zuständigkeit für Europapolitik hat Wolf durchaus die Chance, sich in den kommenden fünf Jahren zu profilieren. Seinen Machtverlust hat er jedenfalls ziemlich souverän weggesteckt.