Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
In der „Casa Elisa“wird Abschiedskuchen gebacken
Die Flüchtlingsgruppe im Ravensburger Kinderkrankenhaus wird aufgelöst
RAVENSBURG (sz) - Für eine Weile hatten sie eine Heimat in der „Casa Elisa“: Seit Februar dieses Jahres wurden vom Deutschen Roten Kreuz Ravensburg in dem Kindergarten im Gebäude des Kinderkrankenhauses St. Nikolaus Flüchtlingskinder zwischen drei und sechs Jahren betreut. Durch die Verteilung der Flüchtlinge wird die Erstunterkunft in der Burachhalle aufgelöst und in der Folge auch die Kindergartengruppe. Für die Kleinen heißt es wieder Abschied nehmen. Für die Erzieher und Betreuer auch.
Am Kindertisch wird mächtig geschafft. Zwei Mädchen und ein Junge rühren fleißig Eier, Milch und Kokosraspel in das Mehl ein. Im Überschwang geht manches daneben: auf den Boden und an die pinkfarbene Hose. Egal. Es macht Spaß. Barbara Böttcher ist bei den Kleinen, hilft und gibt Tipps. Der deutschen Sprache sind die Kinder zwar nicht mächtig. Aber das Team aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern hat sich geeinigt, grundsätzlich deutsch mit ihnen zu sprechen, erklärt Manuel Rölle, der Gruppenleiter. So haben sie den verschiedenen Sprachen Farsi, Arabisch, Kurdisch, etwas Englisch eine gemeinsame Basis gegeben. Und die Kinder lernten ohnehin schnell. An der Tür hängen außerdem Fotos, mit deren Symbolik die Kommunikation auch funktioniert.
Den Kuchen zu backen, hat einen eher traurigen Hintergrund: Es ist ein Abschiedskuchen. Die Kindergartengruppe, die für rund drei Monate in der „Casa Elisa“Heimat gefunden hatte und mit zwölf Kindern startete, wird demnächst geschlossen. Unlängst fehlten gleich mehrere Kinder von einem auf den anderen Tag, erzählt Manuel Rölle. Hier blieb nicht mal Zeit, Abschied zu nehmen.
Trotzdem war die Zeit im Kindergarten für die Kinder eine wichtige Erfahrung, wie die Eltern dem Team immer wieder bestätigten. Bei ihren Rückmeldungen meinten sie, genauso hätten sie es sich für ihre Kinder gewünscht. Erstaunt und begeistert seien sie auch darüber gewesen, wie rasch die Kinder die Sprache aufgriffen. Die Gruppe hatte nicht nur einen Raum, sondern lockeren Kontakt zu den anderen Kindern des Montessori-Kindergartens: etwa im Garten oder in der Nachbargruppe, wo die Montessori-Materialien sie begeistert haben.
Pioniere im Einsatz für Kinder Ansonsten waren die Mitarbeiter „ins kalte Wasser geworfen“, waren Pioniere, was die Betreuung der Kleinen angeht. Eine „Handlungsdarreichung“gab es nicht. Im Hintergrund waren aber immer die Fachkräfte der „Villa Kunterbunt“, dem Kindergarten, den das DRK in der Herrenstraße betreibt. Hier konnten Rölle und seine Kolleginnen um Rat fragen. Ansonsten ver- ließen sie sich auf ihr pädagogisches Können, Geschick und Gespür. „Die Beschäftigung erforderte viel Improvisationstalent“, erklärt der Gruppenleiter. Was auch oft gefragt war. Rölle schilderte dazu ein Beispiel von einem Jungen im Garten, der sich fürchtete, als der Rettungshubschrauber am Krankenhaus landete. Vermutlich hatte er schlechte Erfahrungen mit Hubschraubern gemacht, die im kriegerischen Einsatz waren. Gemeinsam nahm Rölle mit dem Jungen das Fluggerät in Augenschein. Den Jungen hat es beruhigt. Zusammenfassend meint Rölle: „Es sind ganz normale Kinder.“
Er selbst wird auch nach Auflösung der Gruppe in einem Kindergarten arbeiten und möglichst seine Erfahrungen aus dem Flüchtlingskindergarten einbringen. Doch auch sein genauer Verbleib ist ebenso wie der seiner Kolleginnen noch ungeklärt. Und wie der weitere Verbleib der Kinder.