Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Arzt, der die Flüchtlinge versteht
Der syrische Oberarzt Nader Hadidi hilft im Krankenhaus 14 Nothelfer als Dolmetscher
WEINGARTEN (sz) - In vielen Bereichen stellt die Flüchtlingskrise die Menschen vor besondere Herausforderungen. Auch in das Krankenhaus 14 Nothelfer kommen regelmäßig Flüchtlinge aus den beiden großen Unterkünften, um sich behandeln zu lassen. Die meisten von ihnen aber sprechen kein Wort Deutsch, auch deswegen ist Nader Hadidi, einer der neuen Oberärzte der Frauenklinik ein Segen.
Als die junge Syrerin mit starken Wehen in das Krankenhaus 14 Nothelfer kam, hatte sie große Angst. In einem fremden Land das erste Kind zur Welt zu bringen, nicht zu wissen was auf sie zukommt und sich nicht verständigen zu können, für die junge Frau eine extrem belastende Situation. Doch sie hatte großes Glück, denn Nader Hadidi hatte an diesem Tag Dienst und konnte ihr in ihrer Heimatsprache zur Seite stehen. Seine Sprachkenntnisse sind ein Glücksfall.
Der Oberarzt der Frauenklinik stammt selbst aus Syrien, studierte Medizin in Rumänien und schloss seinen Magister in Gesundheitswesen in den USA ab. Vor 15 Jahren hat er seinen Facharzt in Deutschland gemacht und arbeitet nun seit acht Monaten im Krankenhaus 14 Nothelfer. Vier Sprachen beherrscht er fließend und ist im ganzen Krankenhaus 14 Nothelfer bekannt. Nader Hadidi wird oft auch von anderen Stationen angerufen, um als Übersetzer auszuhelfen.
Übersetzer im Notfall So meldete sich die Notaufnahme bei Nader Hadidi, als ein junger Syrer mit dem Verdacht einer Nierenentzündung eingeliefert wurde. „Aufgrund der Sprachprobleme können die Patienten ihre Schmerzen und andere Symptome nicht schildern. Wie aber soll man eine Diagnose stellen, wenn man nicht mal weiß, ob der Kopf oder der Bauch weh tut“, er- zählt Nader Hadidi, der seine Hilfe gerne anbietet.
Für viele der Patienten ist es eine große Erleichterung, wenn der syrische Arzt zum Dolmetschen kommt. Aber auch die Kollegen sind froh, den erfahrenen Arzt im Team zu haben, denn der Anteil der Flüchtlinge unter den Patienten steigt deutlich an und ohne ausreichende Verständigungsmöglichkeiten ist eine gute Medizin kaum möglich. Es sind aber nicht nur die Fachkenntnisse und die Sprache, die Nader Hadidi bei seinen Kollegen und Patienten so beliebt macht. Der jungen syrischen Mutter hat er nach der Entbindung einen Tee gekocht, wie sie ihn aus der Heimat kennt, und für sie hat er auch mit verschiedenen Institutionen telefoniert, damit sie mit dem Neugeborenen nicht zurück in die Halle der Gemeinschaftsunterkunft muss. „Ich weiß, was diese Menschen fühlen, fremd in einer anderen Kultur“, sagt er als Erklärung für seinen unge- wöhnlichen Einsatz. Dazu gehört auch, dass er den Patienten seine Telefonnummer gibt. Täglich wird er mehrfach angerufen, meistens geht es dabei um medizinische Fragen, manchmal aber auch nicht.
Für Nader Hadidi ist sein Engagement eine Selbstverständlichkeit. „Es ist eine Tragödie, was in meinem Heimatland passiert und die Menschen, die hierher kommen haben einen schweren Weg hinter sich. Also tue ich was ich kann.“