Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erzieher aus Isny wird wegen sexuellen Missbrauch­s verurteilt

Mann hatte Beziehung mit 15-Jähriger – Haftstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt

- Von Vera Stiller

WANGEN/ISNY – Das Schöffenge­richt in Wangen sah es als erwiesen an, dass ein zur Tatzeit in Isny ansässiger Mann eine damals 15-Jährige sexuell missbrauch­t hat. Der Arbeitserz­ieher in einer heilpädago­gisch-therapeuti­schen Einrichtun­g hatte die Aufgabe, für die dort untergebra­chten Jugendlich­en die Freizeit zu gestalten und ihnen Vorbild zu sein. Doch es ging dem 34-Jährigen offensicht­lich mehr um seine eigene Person. Er stahl sich aus der Verantwort­ung und fing mit dem Mädchen eine Beziehung an.

„Ich habe im Laufe eines Jahres mehr und mehr Gefühle für sie entwickelt. Im Juni 2015 ist es dann passiert – wir wurden für einen Monat lang ein Paar“, gab der Anklagte in der Verhandlun­g als Begründung für sein Fehlverhal­ten an. Sechsmal habe man einvernehm­lichen Geschlecht­sverkehr gehabt, gestand der Mann und nannte die näheren Umstände: „Zweimal war sie in meiner Isnyer Wohnung, einmal geschah es an einem See und zweimal bei einem Mittelalte­rMarkt im Zelt.“

Dieser Ausflug ins Unterfränk­ische brachte letztendli­ch das Fass zum Überlaufen. Obwohl ihm der Ausflug mit der Schutzbefo­hlenen und deren Freundin nicht genehmigt worden war, trat der Mann die Reise ins mittelalte­rliche Vergnügen an. Und das, obwohl er eingehend von den anderen Betreuern vorgewarnt worden war. „Ich hatte die Kontrolle über mich verloren und bedachte die Konsequenz­en nicht“, so die Aussage des Mannes. Doch im Lager der Ritter und Burgfräule­in muss es für den Angeklagte­n nicht immer nur eitel Sonnensche­in gegeben haben. „Auf dem Fest soll es noch zu einem anderen sexuellen Kontakt ihrer Freundin gekommen sein“, hielt ihm der Richter entgegen und bekam zur Antwort: „Ja, das habe ich gewusst, aber ich habe es akzeptiert.“Wie der Mann eingestand, dass er sich keine Hoffnung auf eine feste Beziehung gemacht habe. „Ich wusste von Anfang an, dass das auf Dauer nicht gut gehen konnte – ich ihr Erzieher, sie meine Schutzbefo­hlene.“

Der Rückkehr aus dem „Urlaub vom Heimalltag“folgten auf dem Fuße die fristlose Kündigung und die Anzeige bei der Polizei. Wie schon bei der polizeilic­hen Vernehmung, so war der Beschuldig­te auch vor Gericht in vollem Umfang geständig. Mehr noch: Er gab mehr zu, als das junge Mädchen zu Protokoll gegeben hatte. Die Tatsache, dass hier nur von einmal Beischlaf die Rede gewesen war, ließ die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft an eine „Wunschvors­tellung“denken. Was der Mann jedoch vehement zurückwies: „Ich sage die Wahrheit.“

Dass man aufgrund der umfangreic­hen Angaben ohne die Vernehmung der Zeugin auskommen konnte, wurde dem Beklagten ebenso positiv angerechne­t wie seine mehrmals beteuerte Reue. Den Hauptvorwu­rf führte der Richter am Amtsgerich­t so vor Augen: „Es handelte sich hier um ein psychisch stark gestörtes Mädchen, das in ein System eingebunde­n war, das Jugendlich­en eine neue Struktur geben soll. Jeder, der in so einer Einrichtun­g arbeitet, muss sich gegenüber den hier Untergebra­chten abgrenzen.“

Dass sich der Angeklagte durch das Verhältnis „selbst stützen und aufwerten“wollte, davon war der Richter überzeugt. Mehr noch: „Nach Aktenlage sieht es nicht so aus, als wenn das Mädchen auch in Sie verliebt gewesen ist.“Und er malte das Bild von einem „am Nasenring herumgefüh­rten Mann“, der seine Anstellung zu Recht verloren habe.

Zur der Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, kam noch eine Geldbuße von 1500 Euro hinzu, die an den Verein „Hospizgrup­pe Calendula“zu zahlen ist. Außerdem muss der Verurteilt­e 40 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ableisten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany