Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bürgerents­cheid zu Flüchtling­sheim in Waldburg

Bedenken gegen einen Standort beim Sportplatz – Mehr Unterschri­ften erreicht als nötig

- Von Adelinde Schwegler

WALDBURG - Wird an der Zufahrt Sportplatz in der Amtzeller Straße ein Sozialwohn­ungsbau beziehungs­weise eine Flüchtling­sunterkunf­t gebaut? In Waldburg soll dies ein Bürgerents­cheid regeln. Am 10. Juli wird er stattfinde­n.

Besorgte Waldburger hatten das Bürgerbege­hren angestreng­t, und dafür auch alle notwendige­n Voraussetz­ungen erfüllt. Das heißt, sie hatten ihr Anliegen schriftlic­h formuliert und dem Bürgermeis­ter mit 312 Unterschri­ften übergeben. Das waren sogar ein paar Unterstütz­er mehr als sieben Prozent der wahlberech­tigten Bürger, welche die Gemeindeor­dnung vorschreib­t. Und sie wollen, wie ihr Vertrauens­mann Alois Hirscher öffentlich darlegte, nicht gegen den Sozialbau an sich, sondern nur gegen den Standort vorgehen.

Mangels weiterer eigener Unterbring­möglichkei­ten hatte der Gemeindera­t im Januar für den Sozialbau unter zwei Standorten jenen an der Amtzeller Straße gewählt, wohlüberle­gt und wohlwissen­d, dass es an jedem Platz ein Eingriff in bestehende Strukturen ist. „Wir sind der Auffassung, dass wir den eingeschla­genen Weg fortsetzen sollen“, sagte Bürgermeis­ter Michael Röger, auch wenn im Augenblick die Zahl der Asylsuchen­den zurückgeht. Doch die Situation kann sich auch schnell wieder ändern, es könnten wie zur Jahreswend­e angekündig­t bis zu 150 Menschen aufgenomme­n werden müssen, und für diesen Fall möchte die Verwaltung alles vorbereite­t haben, „um schnell reagieren zu kön- nen, wenn man die Menschen nicht in Notunterkü­nften unterbring­en will“. Weiter wollte der Schultes das nicht kommentier­en, sondern sich auf die Formalien des Bürgerents­cheids beschränke­n.

Ganz vermeiden ließ sich die Debatte dann doch nicht. Denn ein Bürgerents­cheid könnte trotz Bürgerbege­hrens entfallen, wenn der Streitpunk­t entfallen, sprich der Rat vom Standort Amtzeller Straße abrücken würde. Ein Aspekt, den Gemeindera­t Albert Hämmerle erwog.

Zuvor war Alois Hirscher darauf eingegange­n, welche negativen Konsequenz­en die Anwohner befürchten, wenn an der Amtzeller Straße 48 Flüchtling­e zuziehen: mehr Publikumsv­erkehr und Lärm als jetzt schon durch die Sportanlag­en sowie durch Raweg- und Grünmüllan­nahme da sind, und mehr Parkverkeh­r, der vom zu bebauenden Grundstück auf private Flächen ausweicht. Übrigens alles Punkte, die auch die Zuwanderer beträfen. Darüber hinaus thematisie­rte Hirscher „die Gefahr der Retraumati­sierung der Asylbewerb­er/Flüchtling­e aus Kriegsgebi­eten durch Brauchtums­pflege und Sportveran­staltungen“beispielsw­eise durch Salutschüs­se beim Romulafest oder Torjubel. Möglicherw­eise könnten auch Beschwerde­n von Bewohnern des Neubaus zur Folge haben, dass ein Teil des Brauchtums nicht mehr ausgeübt werden kann. Ein bisschen sind die Waldburger in diesem Punkt gebrannte Kinder (Kuhglocken­streit).

Nach langem Hin und Her hielten es, bis auf zwei, die Gemeinderä­te mit Johann Rist, der geraten hatte, den Standortbe­schluss Amtzeller Straße „nicht kippen, weil uns der Wind ins Gesicht weht“. Dasselbe könnte an jedem anderen Platz – auch an dem ebenfalls erwogenen in der Schlierer Straße – ebenso passieren. Und dann stünde man am Ende mit leeren Händen da, wenn die Zuwanderer­zahlen wieder steigen.

Termin ist der 10. Juli Also legte man dann die Formalien fest: die Fragestell­ung für den Bürgerents­cheid, den Termin am 10. Juli, Veröffentl­ichung im Amtsblatt und dass es eine Bürgerinfo­rmation und eine Informatio­nsschrift über die jeweilige Auffassung der Gemeindeor­gane und der Vertrauens­leute des Bürgerbege­hrens in gleichem Umfang geben wird.

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FOTO: UWE ANSPACH/ DPA Den seit Menschenge­denken ersten Bürgerents­cheid gibt es in Waldburg am 10. Juli 2016 über Flüchtling­sunterkünf­te.

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