Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Enge Grenzen für Fracking
Große Koalition einigt sich auf Kompromiss
BERLIN (dpa) - Die Große Koalition will die kommerzielle Förderung von Schiefergas mit der umstrittenen Fracking-Methode verbieten. Der gefundene Kompromiss sieht aber vor, dass Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken mit Zustimmung der Landesregierungen erfolgen können. Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD stimmten beide mit großer Mehrheit zu.
Der Bundestag soll das FrackingGesetz am Freitag verabschieden. Es lag nach einem Kabinettsbeschluss über ein Jahr auf Eis, da es Mitgliedern beider Regierungsfraktionen nicht streng genug war. „Dieses Gesetz schließt Fracking in Deutschland quasi aus“, sagte der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei Probebohrungen eine Expertenkommission einen Erfahrungsbericht erstellt. Der Bundestag soll schließlich darüber entscheiden, ob es beim generellen Verbot bleibt. SEITE 5
BERLIN (dpa) - Ein gutes Jahr ging bei diesem Thema wenig bis nichts, dann war innerhalb weniger Tage alles klar. Die Große Koalition hat sich geeinigt, wie Fracking in Deutschland künftig geregelt werden soll. Nicht alle sind damit glücklich.
Darf jetzt gefrackt werden? Fracking an sich war nicht verboten. Es gab nur ein Moratorium, also eine Art Stillhalteabkommen der Gasförderer mit der Politik. Sie stellten keine Anträge und warteten auf ein Gesetz. Konventionelles Fracking in Sandstein gibt es in Deutschland seit den 1960er-Jahren. Meist ist mit Fracking aber die „unkonventionelle“Förderung von Gas in Schiefergestein gemeint. Das ist die in den USA bekannte Methode. Dieses Fracking wird verboten – höchstens vier Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken werden erlaubt.
Und wer entscheidet darüber? Die Länder dürfen entscheiden, ob es Probebohrungen für die Wissenschaft geben soll. Keinem Bundesland kann Fracking „aufgezwungen“werden. Das freut vor allem Nordrhein-Westfalen, dessen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte, sie mache dabei nicht mit.
Das konventionelle Fracking bleibt also erlaubt? Es ist überall dort verboten, wo es ums Trinkwasser geht – in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten, an Talsperren und Seen wie dem Bodensee, die zur öffentlichen Wasserversorgung dienen. Nicht nur das Bergrecht, auch das Wasserrecht bestimmt künftig, wo Erdgas so gefördert werden darf. Die kommunale Wasserwirtschaft und die Wasserversorger finden das gut: „Es trägt zum Trinkwasserschutz bei. Die derzeit unklare Lage schadet dem Schutz unserer Wasserressourcen“, sagt Martin Weyand, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Warum hing das Gesetz so lange im Bundestag? Der ursprüngliche Gesetzentwurf, den das Kabinett im April 2015 verabschiedet hatte, war nicht so streng wie der jetzt gefundene Kompromiss. Fracking ist in vielen Wahlkreisen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ein gewaltiges Thema – sowohl in der Union als auch bei der SPD forderten daher Abgeordnete Nachbesserungen. In SPDKreisen hieß es zuletzt, der Entwurf liege bei den Fraktionschefs, aber die Union blockiere eine Einigung.
Warum kommt die Einigung gerade jetzt? Weder SPD noch die Union haben Interesse daran, sich im Wahlkampf mit dem Aufreger-Thema Fracking herumzuschlagen. Eine Einigung vor der Sommerpause hilft allen. Den Ausschlag gab wohl Druck aus Niedersachsen, wo rund 95 Prozent der deutschen Erdgas-Vorkommen liegen. Förderunternehmen dort hatten angekündigt, wieder Anträge zu stellen, auf die sie freiwillig verzichtet hatten.