Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Europas einmütige Russland-Strafe

Sanktionen gegen Moskau wegen ausbleiben­der Fortschrit­te in Ukraine verlängert

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - In Berlin sorgt Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier­s Warnung, Russland nicht durch „Säbelrasse­ln“zu verschreck­en, für viel Aufregung. Am Manöver einiger Nato-Staaten in Polen scheiden sich die Geister nicht nur in der Großen Koalition, sondern auch zwischen Ostund Westeuropa. Umso bemerkensw­erter, dass die Russland-Sanktionen am Dienstag einstimmig und reibungslo­s verlängert wurden.

Die EU-Botschafte­r in Brüssel fassten den Beschluss ohne Aussprache und, wie ein Teilnehmer sagte, „lapidar“. Alle seien sich einig, dass an dem Beschluss von 2014 nicht gerüttelt werde: Erst wenn die in Minsk zwischen Russland und der Ukraine für den Ostteil des Landes vereinbart­en Schritte umgesetzt seien, könnten die Sanktionen enden.

Unter anderem war beschlosse­n worden, in den von Separatist­en besetzten Teilen der Ostukraine freie SPD- Chef Sigmar Gabriel will einem Presseberi­cht zufolge Anfang kommender Woche den russischen Präsidente­n Wladimir Putin besuchen. Bei der Reise des Bundeswirt­schaftsmin­isters soll es um die deutsch- russischen Wirtschaft­sbeziehung­en gehen, wie die „ Rheinische Post“berichtete. Gabriel hatte sich am Montag dafür ausgesproc­hen, trotz aller Differenze­n mit Moskau im Gespräch zu bleiben und vor der Rückkehr in den Kalten Krieg gewarnt. ( dpa) Kommunalwa­hlen zu organisier­en. Doch sitzen dort die von Russland unterstütz­ten Gouverneur­e unveränder­t fest im Sattel. Deshalb hat die EU die 2014 verhängten Sanktionen schrittwei­se verschärft und alle sechs Monate verlängert. Schon beim Außenminis­terrat kommenden Freitag könnten sie formell bis zum 31. Januar 2017 ausgedehnt werden.

Frankreich muss noch das Parlament befragen, was aber als Formsache gilt. Auch das britische Unterhaus muss seinen Segen geben. Ob das noch eine Rolle spielt, hängt vom Ausgang des Brexit-Referendum­s ab.

Angesichts der Einmütigke­it im Ministerra­t scheint die von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt in der „Super Illu“geäußerte Hoffnung, Russland könne die Lebensmitt­elblockade gegen EU-Produkte aufheben, unrealisti­sch. Solange für russische Politiker Einreiseve­rbote gelten, solange Maschinen zur Gas- und Ölförderun­g nicht mehr aus der EU nach Russland ge- liefert werden dürfen und russische Firmen keine EU-Kredite mehr erhalten, wird sich Moskau mit Nadelstich­en wehren.

Die Verhandlun­gen über einen Rückzug der Separatist­en und freie Kommunalwa­hlen in der Ostukraine sind festgefahr­en. Seit Monaten hat sich zwischen Russland und Kiew nichts bewegt. Trotz wirtschaft­licher Nachteile steht die EU in ihrer Haltung einmütig zusammen.

Den 28 EU-Regierunge­n ist wohl klar, dass jede Debatte über Sanktionse­rleichteru­ngen ohne russische Gegenleist­ung die Union komplett unglaubwür­dig machen würde. Das aber wäre nicht nur schlecht für den Ruf der europäisch­en Außenpolit­ik. Es würde auch zwischen den Westeuropä­ern und Ländern wie Polen oder Litauen, die sich von Russland unmittelba­r bedroht fühlen, den Graben vertiefen. Mit ihrer SanktionsE­inheitsfro­nt sendet die EU das klare Signal, dass sie sich nicht in Ost und West aufspalten lässt.

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FOTO: AFP Weiter verhärtete Fronten wegen des Ukraine- Kriegs: Kremlchef Wladimir Putin ( re.) und EU- Kommission­spräsident Jean- Claude Juncker.

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