Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Europas einmütige Russland-Strafe
Sanktionen gegen Moskau wegen ausbleibender Fortschritte in Ukraine verlängert
BRÜSSEL - In Berlin sorgt Außenminister Frank-Walter Steinmeiers Warnung, Russland nicht durch „Säbelrasseln“zu verschrecken, für viel Aufregung. Am Manöver einiger Nato-Staaten in Polen scheiden sich die Geister nicht nur in der Großen Koalition, sondern auch zwischen Ostund Westeuropa. Umso bemerkenswerter, dass die Russland-Sanktionen am Dienstag einstimmig und reibungslos verlängert wurden.
Die EU-Botschafter in Brüssel fassten den Beschluss ohne Aussprache und, wie ein Teilnehmer sagte, „lapidar“. Alle seien sich einig, dass an dem Beschluss von 2014 nicht gerüttelt werde: Erst wenn die in Minsk zwischen Russland und der Ukraine für den Ostteil des Landes vereinbarten Schritte umgesetzt seien, könnten die Sanktionen enden.
Unter anderem war beschlossen worden, in den von Separatisten besetzten Teilen der Ostukraine freie SPD- Chef Sigmar Gabriel will einem Pressebericht zufolge Anfang kommender Woche den russischen Präsidenten Wladimir Putin besuchen. Bei der Reise des Bundeswirtschaftsministers soll es um die deutsch- russischen Wirtschaftsbeziehungen gehen, wie die „ Rheinische Post“berichtete. Gabriel hatte sich am Montag dafür ausgesprochen, trotz aller Differenzen mit Moskau im Gespräch zu bleiben und vor der Rückkehr in den Kalten Krieg gewarnt. ( dpa) Kommunalwahlen zu organisieren. Doch sitzen dort die von Russland unterstützten Gouverneure unverändert fest im Sattel. Deshalb hat die EU die 2014 verhängten Sanktionen schrittweise verschärft und alle sechs Monate verlängert. Schon beim Außenministerrat kommenden Freitag könnten sie formell bis zum 31. Januar 2017 ausgedehnt werden.
Frankreich muss noch das Parlament befragen, was aber als Formsache gilt. Auch das britische Unterhaus muss seinen Segen geben. Ob das noch eine Rolle spielt, hängt vom Ausgang des Brexit-Referendums ab.
Angesichts der Einmütigkeit im Ministerrat scheint die von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in der „Super Illu“geäußerte Hoffnung, Russland könne die Lebensmittelblockade gegen EU-Produkte aufheben, unrealistisch. Solange für russische Politiker Einreiseverbote gelten, solange Maschinen zur Gas- und Ölförderung nicht mehr aus der EU nach Russland ge- liefert werden dürfen und russische Firmen keine EU-Kredite mehr erhalten, wird sich Moskau mit Nadelstichen wehren.
Die Verhandlungen über einen Rückzug der Separatisten und freie Kommunalwahlen in der Ostukraine sind festgefahren. Seit Monaten hat sich zwischen Russland und Kiew nichts bewegt. Trotz wirtschaftlicher Nachteile steht die EU in ihrer Haltung einmütig zusammen.
Den 28 EU-Regierungen ist wohl klar, dass jede Debatte über Sanktionserleichterungen ohne russische Gegenleistung die Union komplett unglaubwürdig machen würde. Das aber wäre nicht nur schlecht für den Ruf der europäischen Außenpolitik. Es würde auch zwischen den Westeuropäern und Ländern wie Polen oder Litauen, die sich von Russland unmittelbar bedroht fühlen, den Graben vertiefen. Mit ihrer SanktionsEinheitsfront sendet die EU das klare Signal, dass sie sich nicht in Ost und West aufspalten lässt.