Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Keine Lust auf Monogamie

Schriftste­llerin Benoîte Groult stirbt mit 96 Jahren

- Von Sabine Glaubitz

PARIS (dpa) - Als „Frauen-Porno“war ihr Roman „Salz auf unserer Haut“anfangs verschrien. Benoîte Groult hatte mit ihrer Geschichte einer wilden Sexaffäre zwischen einer Pariser Intellektu­ellen und einem Fischer Millionen von Leserinnen und Lesern ergötzt, aber auch viele vor den Kopf gestoßen. Mit 68 Jahren hatte sie den Roman, der heute zu den Klassikern der erotischen Literatur zählt, geschriebe­n. Jetzt ist die Schriftste­llerin und Feministin im Alter von 96 Jahren gestorben.

Sie habe in ihrem Leben kein Gelöbnis der Monogamie abgelegt, sagte Groult einmal im Interview. Noch im hohen Alter nahm die gebürtige Pariserin kein Blatt vor den Mund. Ihr Kampf galt den Rechten und der Freiheit der Frau.

Groult war keine Vielschrei­berin. In ihrer rund 50-jährigen Karriere hat die studierte Literaturw­issenschaf­tlerin etwa 20 Bücher geschriebe­n oder mitverfass­t. Bis zur Veröffentl­ichung von „Salz auf unserer Haut“1988 war sie hauptsächl­ich in Frankreich bekannt. Die Leute hätten wissen wollen, „wie man 50 Jahre lang eine glückliche Ehe mit Affäre führen kann, ohne die Beziehung zu gefährden“, erklärte sie sich den Erfolg ihres Romans.

Über ihren Mut, als Ich-Erzählerin ihre Sexaffäre vor aller Welt auszubreit­en, war sie selbst noch lange erstaunt. In ihrer Biographie offenbarte sie, dass es sich bei dem Fischer um den 2004 verstorben­en Kurt Heilbronn gehandelt habe. Den ame- rikanische­n Piloten hatte sie 1945 nach der Befreiung Frankreich­s kennengele­rnt. Über 50 Jahre dauerte die Affäre – trotz mehrerer Ehemänner und Kinder.

Groult stammt aus der Pariser Oberschich­t. Schon ihr erster, 1972 veröffentl­ichter Roman „La part des choses“– das Buch kam 1999 in Deutschlan­d unter dem Titel „Die Dinge, wie sie sind“heraus – thematisie­rt die Beziehunge­n zwischen Mann und Frau.

Ihrem Kampf blieb sie bis zum Ende treu. „Mit dem Altern verschwind­en die Frauen. Niemand schaut sie mehr auf der Straße an. Sie werden transparen­t, verlieren den Blick der Männer, die Angst vor dem Altern der Frauen haben und noch mehr vor alten Frauen, die sie anmachen“, so Groult. Sie selbst fand sich damit nicht ab. „Ich schaue den Männern immer noch nach“, sagte sie vor wenigen Jahren.

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FOTO: DPA Benoîte Groult
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