Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Russland bleiben nur zwei Jahre
TOULOUSE (SID/sz) - Hooligan-Terror, klägliches EM-Aus und keinen Plan für die Zukunft: Zwei Jahre vor der Heim-WM liegt der russische Fußball am Boden. Selbst Trainer Leonid Sluzki hat nach den desaströsen Auftritten in Frankreich keine Lust mehr auf die „Sbornaja“; er stellte sein Amt nach dem 0:3 gegen Wales zur Verfügung. „Nach einem Turnier wie diesem braucht man einen anderen Trainer. Es ist sehr wichtig, dass man den russischen Fußball mit Blick auf die Heim-WM entwickelt“, sagte Sluzki. Und: „Wir waren in allen Bereichen schlecht. Es war mein Fehler.“
Es liege nun am Verband, wie es weitergehe. Doch Sluzki, der die Mannschaft nach der Entlassung von Fabio Capello mit einem starken Qualifikationsendspurt erst zur EM geführt hatte, ist noch das kleinste Problem im russischen Fußball. Ohne Sieg und mit nur einem Punkt aus drei Spielen schied der kommende WMGastgeber als Letzter der Gruppe B aus. Der Kreml in Person von Sportminister Witali Mutko konstatierte: „Millionen Fans sind sehr enttäuscht und frustriert. Die Spieler müssen mehr investieren, um besser und stärker zu werden. Sie müssen über die Schmerzgrenze hinausgehen.“
„Wir haben wieder versagt“, schrieb „Sport Express“nach dem nächsten Schock für die gebeutelte Sportnation Russland. Das russische Team sei in Frankreich „zerquetscht, zerstört, erniedrigt und beleidigt“worden. „Kommersant“schrieb von der „nächsten Fußballkatastrophe“.
Der russische Fußballverband RFS steht nach den Ausschreitungen seiner Fans in Frankreich nun auch sportlich vor einer gewaltigen Aufgabe. „Wir müssen aus dem Turnier unsere Schlüsse ziehen und hart arbeiten“, sagte Mutko mit ziemlich gleichgültigem Gesichtsausdruck. Einen konkreten Plan blieb der Verbandspräsident schuldig. Die nationale Liga müsse wachsen, neue Spieler müssten ausgebildet werden, sagte er nur.
Bleibt das „wie?“. Bleiben zwei Jahre. Verteidiger Wasilij Beresuzki, 34, bei Russlands Halbfinalteilnahme (!) bei der EM 2008 noch dabei, oblag das traurige Frankreich-Fazit: „Wir haben keine besseren Spieler, die besten waren bei der EM dabei.“