Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit Schuld richtig umgehen

- Von Ulrich Mendelin

Ja, es war Völkermord. Um diese Erkenntnis hat sich die Bundesregi­erung lange gedrückt, wenn darüber gesprochen wurde, was Anfang des 20. Jahrhunder­ts deutsche Soldaten den Herero und Nama angetan haben.

Dass es so lange dauerte, mag daran liegen, dass der deutsche Blick auf die Geschichte lange von der Aufarbeitu­ng des Nationalso­zialismus und der Judenverni­chtung geprägt war. Die Kolonialze­it verblasste dagegen. Das gilt übrigens auch für das Geschichts­bild in Namibia: Dort folgten auf die deutschen Besatzer südafrikan­ische Besatzer. Im kollektive­n Bewusstsei­n der meisten Namibier, so sie denn keine Herero sind, spielt der Kampf gegen den ApartheidS­taat eine prägende Rolle, nicht das Intermezzo der Deutschen.

Natürlich leiten sich aus der Anerkennun­g des Völkermord­s finanziell­e Ansprüche ab. Dennoch lehnt die Bundesregi­erung individuel­le Entschädig­ungszahlun­gen zu Recht ab. Die Taten sind mehr als 100 Jahre her. Wie ließe sich nachweisen, wer anspruchsb­erechtigt ist? Wo liegt die Grenze, wenn Nachkommen über Generation­en hinweg Entschädig­ungsansprü­che geltend machen können?

Die Entwicklun­g Namibias zu fördern, ist der beste Weg für den Umgang mit der Schuld. Die Hilfe kommt einem Land zugute, das heute – trotz mancher Einschränk­ungen – zu einem der am besten verwaltete­n, freiesten Staaten in Afrika zählt.

u.mendelin@schwaebisc­he.de

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