Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Grüner Joker

- Von Sabine Lennartz

Wenn Politiker auf Sommertour quer durch Deutschlan­d gehen, ist die Zeit des Nachdenken­s über den Tag hinaus gekommen. Der Blick ist damit frei für die nächste Bundestags­wahl. Kommt 2017 Schwarz-Grün oder versucht Sigmar Gabriel (SPD), ein RotRot-Grünes Bündnis zu schmieden? Neu ist, dass die Grünen sich in der Rolle des Jokers sehen. Das grüne Lebensgefü­hl hat sich in Richtung „wir sind wirklich wer“verändert. Sie könnten sich zurücklehn­en und abwarten, denn es sieht so aus, als ob die Zusammense­tzung der nächsten Regierung an ihnen hängt.

Das aber ist nicht für alle Grünen Anlass purer Freude. Denn sich zu entscheide­n, heißt, die Richtung vorzugeben. Genau das wollen viele Grüne vermeiden, um sich nicht vorzeitig einzuengen.

Zwar hat die Flüchtling­spolitik der Kanzlerin etlichen gut gefallen. Und gerade erst hat Baden-Württember­g Geschichte geschriebe­n. Eine grüne Regierungs­partei, die mit den Schwarzen als Juniorpart­ner regiert. Doch es gibt viele Grüne, die fürchten, dass auf diese Weise die grüne Seele Schaden nehmen könnte. Die, wie Jürgen Trittin, sich im Zweifel Sahra Wagenknech­t (Linke) näher fühlen als Horst Seehofer (CSU). Eine Mehrheit haben diese Grünen nicht mehr, denn das Loch, in das die Partei nach den 8,4 Prozent der letzten Bundestags­wahl fiel, ist nicht ohne Grund nach dem Verursache­r benannt: „Trittin-Loch“. Dieser hatte den erkennbar linken Kurs durchgeset­zt, der viele Wähler der bürgerlich­en Mitte abschreckt­e.

Diesmal geht der Blick in die andere Richtung. Die Zahl derer, die die Grünen als eigenständ­ige Kraft positionie­ren und damit die Option für Schwarz-Grün offenhalte­n, wächst. Schwarz-Grün wäre heute schon besser vorbereite­t als 2013.

Diejenigen, die das verhindern wollen, werden auf einen Gerechtigk­eitswahlka­mpf setzen, höhere Steuern und mehr Umverteilu­ng von oben nach unten fordern. Damit haben die Grünen schon bei der letzten Bundestags­wahl potenziell­e Wähler verschreck­t. Alles spricht dafür, dass sie jetzt klüger sind.

s.lennartz@schwaebisc­he.de

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