Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

16 Millionen Euro auf toten Konten

Land möchte Zugriff auf Guthaben, die offensicht­lich keine Besitzer haben

-

STUTTGART (lsw) - In Baden-Württember­g schlummern Millionenb­eträge auf Konten, die offensicht­lich keine Besitzer mehr haben. „Wir haben Konten, die über Jahrzehnte nicht benutzt werden. Es zahlt niemand Geld ein, und niemand hebt Geld ab“, sagte Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Dann ist davon auszugehen, dass die Kontoinhab­er vermutlich gestorben sind.“Diese Fiskalerbs­chaften stünden eigentlich den Ländern zu, doch diese hätten keinen Zugriff darauf.

Baden-Württember­g will laut Sitzmann einen neuen Anlauf unternehme­n, um das zu ändern. „Wir müssen eine Regelung finden, dass der Staat auf die Konten und das Geld Zugriffsmö­glichkeite­n hat, wenn es keinen Besitzer mehr gibt“, sagte sie. Eine erste Länder-Arbeitsgru­ppe der Finanzmini­ster mit dem Titel „Unbewegte Konten“war im Herbst 2013 eingericht­et worden. Sie konnte das Problem nicht lösen. Im Mai vergangene­n Jahres stellte die Gruppe ihre Arbeit ein.

Sitzmann verwies auf das Modell in der Schweiz. „Dort besteht die Pflicht, nach 60 Jahren die Inhaber unbewegter Konten zu veröffentl­ichen.“Wenn sich dann niemand meldet, auch kein Erbe, gelten die Mittel als Fiskalerbs­chaften. So ein System könne sie sich auch für Deutschlan­d vorstellen, sagte Sitzmann. Es gehe um „beachtlich­e Guthaben“– in Baden-Württember­g schätzungs­weise um 16 Millionen Euro.

Nach Angaben des Finanzmini­steriums gab es für das damalige Scheitern der Länder-AG mehrere Gründe – so der Verwaltung­saufwand, der mit einer Neuregelun­g vermutet wurde. Zudem gab es keine Einigung, um das Kreditwese­n- und Erbschafts­teuergeset­z zu ändern. „Deshalb wurde das Bundesfina­nzminister­ium gebeten, auf das Bundesjust­izminister­ium zuzugehen und eine zivilrecht­liche Lösung zu finden. Das ist bislang nicht geschehen“, teilte eine Ministeriu­mssprecher­in mit. Nach dem Bürgerlich­en Gesetzbuch tritt das Bundesland als Erbe ein, wenn es keine Verwandten, Ehegatten oder Lebenspart­ner des Erblassers gibt. Das ist dann eine so genannte Fiskalerbs­chaft. Damit sollen herrenlose Nachlässe vermieden werden.

Oft handelt es sich dabei um Immobilien und Wertgegens­tände. Nach Angaben des Landesrech­nungshofes in der Denkschrif­t 2015 hatte das Land Baden-Württember­g von 2008 bis 2013 Einnahmen in Höhe von 23,5 Millionen Euro aus Fiskalerbs­chaften.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Regierung will vergessene Sparbücher suchen lassen.
FOTO: DPA Die Regierung will vergessene Sparbücher suchen lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany