Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ausbau des Schienennetzes hat Vorrang“
Alexander Dobrindt (CSU) zum Bundesverkehrswegeplan und automatisierten Fahren
BERLIN - Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigt den Bundesverkehrswegeplan gegen den Vorwurf, dass zu wenig in den Ausbau der Schiene investiert werde. „Wir bringen mit diesem Bundesverkehrswegeplan Ökologie und Ökonomie zusammen“, sagte Dobrindt im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner. Zudem kündigte er eine Überarbeitung der Straßenverkehrsgesetze an.
Knapp 270 Milliarden Euro Gesamtvolumen, mehr als 1000 Einzelprojekte von der Umgehungsstraße bis zum Autobahn-Neubau: Das Bundeskabinett soll heute grünes Licht für den neuen Bundesverkehrswegeplan geben. Gibt es damit eine Finanzierungsgarantie für jedes der Vorhaben? Die Projekte und die Investitionsmittel sind aufeinander abgestimmt. Anders als bei den Bundesverkehrswegeplänen der Vergangenheit haben wir erst das Gesamtvolumen festgelegt und dann ausgewählt, welche Projekte in den vordringlichen Bedarf eingestuft werden. Die Basis dafür ist mein Investitionshochlauf, der bis 2018 eine Steigerung der Mittel für die Infrastruktur um rund 40 Prozent vorsieht.
Ihnen seien Asphalt und Beton wichtiger als die Bahn, klagen Kritiker. Ziehen Sie sich den Schuh an? Wir bringen mit diesem Bundesverkehrswegeplan Ökologie und Ökonomie zusammen. Der Ausbau des Schienennetzes hat klar Vorrang. Auf den einzelnen Kilometer gerechnet investieren wir 1,3-mal so viel in die Bahn wie in unsere Straßen. Aber wir stellen auch die Mittel für eine Optimierung unserer Fernstraßen bereit. Unser Ziel ist, künftig Staus auf unseren Hauptverkehrsstrecken zu vermeiden. Staus bringen großen volkswirtschaftlichen und ökologischen Schaden mit sich. Deshalb ist es so wichtig, zentrale Straßenprojekte zur Stärkung des internationalen Verkehrs durch Deutschland jetzt schnell umzusetzen. Nicht in allen Regionen ist man zufrieden mit den Prioritäten des Plans. Kann der Bundestag hier noch etwas ändern? Der Bundestag ist frei in seinen Entscheidungen. Er kann durchaus noch Veränderungen bei den Projekten vornehmen. Kein Bundesverkehrswegeplan ist in der Vergangenheit so wieder aus dem Parlament herausgekommen, wie er hineingegangen ist. Es besteht die Möglichkeit, dass weitere Projekte in den vordringlichen Bedarf aufgenommen oder auch abgestuft werden. Wir werden die Gespräche konstruktiv begleiten. Bei der Länder- und Verbändeanhörung und der Bürgerbeteiligung haben wir sehr große Unterstützung für unseren Plan erhalten.
Wer entscheidet darüber, welche Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans als Erstes in Angriff genommen werden? Die Länder müssen ihre Kapazitäten für die Planung schnell erhöhen. Das ist mein dringender Rat an die Länderverkehrsminister. Es fehlt nicht an finanziellen Mitteln des Bundes. Der Engpass liegt bei den Ländern und den mangelnden Planungen in einigen Regionen Deutschlands. Der Rückstand ist zum Teil erheblich. Deshalb werbe ich auch so eindringlich, für die zentralen Hauptverkehrsadern unseres Landes eine Bundesautobahngesellschaft zu gründen. Planung, Bau, Unterhalt und Finanzierung müssen in eine Hand!
Immer wieder wird Ihnen der Vorwurf gemacht, Sie würden Bayern bei der Verteilung der Mittel bevorzugen. Was entgegnen Sie? Das ist absurd, völliger Quatsch! Bayern hat einen Vorrat an fertig geplanten, baureifen Projekten. Andere Länder haben keine vorausschauende Planung betrieben. Wo Baurecht besteht, wird gebaut. Wo das nicht der Fall ist, können keine Mittel fließen.
Sie wollen das automatisierte Fahren in Deutschland voranbringen. Ist das wirklich mehr als nur eine schöne Vision? Die Zukunft des Autofahrens wird hoch automatisiert sein. Schon in fünf Jahren werden wir solche Fahrzeuge standardmäßig auf Deutschlands Straßen haben. Sie werden mit Begeisterung genutzt werden. Diese Technik wird für einen Quantensprung bei der Verkehrssicherheit sorgen und Möglichkeiten schaffen, Zeit auf Autofahrten besser zu nutzen.
Wer haftet eigentlich, wenn es beim automatisierten Fahren zu Unfällen kommt? Wir werden nach der Sommerpause einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Straßenverkehrsgesetze machen, in dem das automatisierte Fahren dem menschlichen Fahrer gleichgestellt wird. Damit schaffen wir Rechtssicherheit für alle: Wer ein zugelassenes System in seinem Auto vorschriftsgemäß nutzt, begeht keine Verletzung der Sorgfaltspflicht. Sollte es zu Unfällen kommen, liegt die Haftung beim Hersteller. Eine Art Blackbox wird aufzeichnen, ob das Fahrzeug gerade vom Fahrer selbst oder vom automatisierten System gesteuert wird und ob die Technik fehlerfrei funktioniert hat.