Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
ZF steigt bei Sensorspezialist Ibeo ein
Autozulieferer erweitert sein Angebot um Lidar-Technik – In Hamburg entsteht ein Zentrum für autonomes Fahren
RAVENSBURG - „Wir wollen eine Zukunft ohne Verkehrsunfälle, mit dem Auto als aufmerksamem Partner des Fahrers. Unsere Produkte retten Leben. Menschen träumen von einer sicheren Zukunft – wir arbeiten an ihr.“Mit diesen selbstbewussten Worten beschreibt sich das Hamburger Unternehmen Ibeo. Das Selbstbewusstsein resultiert aus der Tatsache, dass der Autozulieferer weltweit Marktführer bei der Lidar-Technologie ist, die bei der Entwicklung des autonomen Fahrens künftig eine entscheidende Rolle spielen wird.
Die Technik könnte in Zukunft so wichtig werden, dass sich der Friedrichshafener ZF-Konzern entschlossen hat, bei Ibeo einzusteigen. Der nach Bosch und Continental drittgrößte Automobilzulieferer der Welt übernimmt 40 Prozent an dem Hamburger Sensor-Spezialisten. Das gab der frühere Fahrwerk- und Antriebsspezialist am Dienstag bekannt. Den Preis für die Beteiligung wollten auf Anfrage weder ZF noch Ibeo nennen.
„Mit Lidar haben wir Zugriff auf eine entscheidende Technologie der Umfeld- und Objekterkennung“, sagt der ZF-Vorstandsvorsitzende, Stefan Sommer. „Lidar-Sensoren ergänzen die von uns bisher genutzte Radarund Kameratechnik.“Vor allem aber bringe die von Ibeo entwickelte Verknüpfung der drei Sensor-Techniken – Kamera, Radar und Lidar – „hervorragende Ergebnisse in der Umgebungswahrnehmung“.
Lidar steht für englisch „Light Detection and Ranging“und bezeichnet ein Verfahren, bei dem ein Lichtimpuls ausgesendet wird und über die Laufzeit und Lichtgeschwindigkeit eine Entfernung berechnet werden kann. Lidar ist eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung. Statt Radiowellen wie beim Radar verwendet die Lidar-Technik Laserimpulse.
Bislang hatte Ibeo den französischen Automobilzulieferer Valeo als Partner, um Lidar zu entwickeln. Dieses Projekt war aber zeitlich befristet angelegt. „Die nächste Generation wollen wir nun mit ZF vorantreiben“, erklärt Mario Brumm, der Marketing- und Vertriebschef von Ibeo auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Für ZF sei die Kooperation logisch, schließlich habe der Konzern die Lidar-Technologie bis jetzt nicht im Portfolio gehabt. Ibeo-Geschäftsführer Ulrich Lages sieht die künftigen Partner nun in der Lage, „alle Fahrassistenzanwendungen bis hin zu hochautomatisierten Fahrsystemen mit 3-D-Lidar-Technologie zu ermöglichen“.
Ehrgeizige Wachstumspläne Ibeo soll – so die ehrgeizigen Pläne – mittelfristig von 50 auf 250 Mitarbeiter wachsen und in Hamburg ein Zentrum für autonomes Fahren aufbauen. Ziel des Zentrums ist nach Angaben von ZF die Serienentwicklung und Vermarktung von Lösungen zum autonomen Fahren. Die 60 Prozent, die ZF nicht übernimmt, verbleiben bei den vier Altgesellschaftern von Ibeo: Michael Köhler, Michael Kiehn, Mario Brumm sowie Gründer und Geschäftsführer Ulrich Lages.
Mit der Übernahme baut ZF seine Aktivitäten im Bereich des autonomen Fahrens weiter aus. „Wir werden die Autos der Zukunft mit neuen Sinnen und mehr Intelligenz ausstatten“, sagt ZF-Chef Sommer. „Wir stärken Auge und Gehirn zukünftiger Auto-Generationen und kommen so der Vision des unfallfreien Fahrens wieder ein Stück näher.“