Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schatten der Kindheit
Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff gestorben
FRANKFURT (epd) - Die Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff ist am Samstag im Alter von 88 Jahren in Berlin gestorben. Dies bestätigte der Münchner dtv-Verlag, in dem ihre Bücher erschienen sind. Zu den erfolgreichsten gehört der später verfilmte Roman „Du bist nicht so wie andere Mütter“(1992). Darin erzählt sie vom Leben ihrer jüdischen Mutter Else Kirschner und dem Bruch in ihrer eigenen Kindheit durch die nationalsozialistische Verfolgung.
Schrobsdorff, 1927 in Freiburg im Breisgau geboren, floh mit Mutter und Schwester 1938 nach Bulgarien; ihre Großeltern wurden in Theresienstadt ermordet. Und doch kehrte sie nach dem Krieg nach Deutschland zurück und begann zu schreiben. Mit „Die Herren“(1961) landete sie einen Bestseller. Ihre schwere Kindheit im Nationalsozialismus wurde ihr Lebensthema.
In „Die Stunde zwischen Tag und Nacht“(1978) erzählt sie von ihrer Ehe mit Claude Lanzmann, dem Regisseur von „Shoah“. Als sie ihn verließ, zog sie nach München. 1983 wanderte sie nach Israel aus. Dort entstanden „Das Haus im Niemandsland oder Jerusalem war immer eine schwere Adresse“(1989) und „Jericho, eine Liebesgeschichte“(1995). Als sie, verbittert über die politische Lage in Israel, nach Berlin zurückkehrte, sagte sie: „Ich habe meine beiden Heimaten verloren, und ich bin nicht gekommen, um hier zu leben, sondern um hier zu sterben.“