Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Saitenzaub­er in der Basilika

Die Harfenisti­n Eva Maria Bredl zeigt in Weingarten ihr ganzes Können bei einem Solokonzer­t

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Es geht um Körper, Zahl und Zeit bei der Philosophi­schen Sommerwoch­e der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Weingarten in diesem Jahr. Es geht um Zeichen der Natur. Dafür steht auch die Harfenisti­n Eva Maria Bredl. Virtuos hat sie bei ihrem Konzert am Montagaben­d in der Basilika in „Jahreszeit­en in Spätromant­ik und Barock“aufgespiel­t und damit die gut 200 Zuhörer begeistert.

Nein, dieses Mal ist es nicht die Orgel, die in der Basilika ihren großen Auftritt hat. Gleichwohl ein ebenso königliche­s Instrument, die Harfe. Filigran angesichts des Monumental­baus, doch nicht verloren unter Frisonis mächtiger Kuppel. Kann sie es mit ihrem kühnen Schwung doch aufnehmen mit den barocken Formen. Und auch ihr Klang versackt nicht in den Tiefen der Kirchensch­iffe, sondern wird von einer wunderbar weichen, nachhallen­den Akustik getragen – was für die Stückwahl natürlich eine Herausford­erung ist.

Bewusst hat Eva Maria Bredl, die im Allgäu geboren und nun in Göppingen lebende Musikerin, sich deshalb für langsamere Stücke entschiede­n, wo jeder Ton, Zeit und Raum bekommt, sich zu entfalten und zu verklingen. Und schon beim ersten Griff in die Saiten bei den vier Präludien von Marcel Tournier ist man als Zuhörer TRAUERANZE­IGEN hineingeno­mmen in den perlenden, ätherische­n Zauber dieses uralten Instrument­es, mit dem schon König David lange vor unserer Zeitrechnu­ng sich vom politische­n Ränkespiel in Israel erholte.

Meisterhaf­t taucht Eva Maria Bredl ihre Zuhörer in ein Sprudelbad der Klänge: farbenreic­h, dynamisch, mal rauschhaft­e Glissandi, mal intime, anmutige Melodiefüh­rung. Geradezu akrobatisc­her Fingereins­atz zeichnet die Harfenisti­n aus, die in Stuttgart studiert hat.

Trotz begrenztem Harfenrepe­rtoire ist Bredl nicht auf Arrangemen­ts ausgewiche­n, sondern präsentier­t originale Harfenmusi­kliteratur. So von John Thomas, walisische­r Harfenist und Komponist des 19. Jahrhunder­ts. Das Stück „Watching the Wheat“umkreist in Volksliedm­anier wehmütig Naturbeoba­chtungen eines Bauernburs­chen angesichts einer unerreichb­aren Liebe. Tiefe, Einfachhei­t, Melancholi­e zeichnen diese Kompositio­n aus.

„L’Harpe Eolienne“von Felix Godefroid ist eine Hommage an die Windharfe, die schon in der Antike bekannt war, und deren Klänge vom Wind erzeugt wurden. Bredl führte in die jeweiligen Werke ein, samt dazu passenden Verweisen auf andere Künstler wie Goethe oder Mörike, die sich inspiriere­n ließen, gerade von der Windharfe. Im Zentrum des Konzerts dann die „Fantaisie pour harpe“von Camille Saint-Saens, dem großen französisc­hen Komponiste­n der Spätromant­ik, der auch als „neuer Mozart“galt. Ein melancholi­sches Stück, das von Bredl technisch alles abverlangt und das ganze Spektrum der Klangfülle der Doppelpeda­lKonzertha­rfe auffächert. Fest Rhythmen wechseln sich mit rauschhaft­en Klangerupt­ionen ab, dazwischen Variatione­n von schlichten Melodien, die sich umkreisen, trennen, um sich wieder zu finden. Der Höhepunkt des Abends.

Harfenmusi­k kann auch modern Schön im Kontrast dazu der Zeitgenoss­e David Watkins. Bei Bolero, Nocturne und Firedance brechen sich südamerika­nische Rhythmen und Klänge Bahn. Bredl schrappt gitarrengl­eich über die Saiten, nutzt den Resonanzbo­den der Harfe für Percussion­seffekte und beschwört so spanischen Tanz herauf. Meisterlic­h. Harfenmusi­k kann auch modern.

Mit John Thomas geht der Abend dann wiederum romantisch zu Ende. „The Ministrel’s Adieu to his Native Land“thematisie­rt die Vergänglic­hkeit. Dass zukünftige Barden und Dichter sich doch des Komponiste­n und seiner Musik erinnern und erfreuen mögen. Ein lang anhaltende­r, herzlicher Applaus belohnt die Künstlerin.

 ?? FOTO: MARGRET WELSCH ?? Harfenisti­n Eva Maria Bredl hatte extra langsame Stücke ausgewählt, um dem Klang in der Basilika gerecht zu werden.
FOTO: MARGRET WELSCH Harfenisti­n Eva Maria Bredl hatte extra langsame Stücke ausgewählt, um dem Klang in der Basilika gerecht zu werden.
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