Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Über allen Wipfeln ist Ruh’

Mit 42 Metern ist der Hursch-Turm der höchste auf dem ehemaligen Münsinger Truppenübu­ngsplatz

- Von Kathrin Fromm

och ein paar Stufen, dann können wir schon über die Baumwipfel sehen. Dann noch ein paar und noch ein paar und wir stehen auf der Plattform des HurschTurm­s, der seinen Namen von dem Flurstück hat, auf dem er steht. Unter uns erstrecken sich sanfte Hügel, auf einer Seite sind ein paar Ortschafte­n zu sehen, auf der anderen viel Grün. Der Blick schweift über den ehemaligen Truppenübu­ngsplatz Münsingen, heute Kernstück des Biosphären­gebiets Schwäbisch­e Alb.

Mit 42 Metern ist der HurschTurm der höchste von vier Türmen dort. 1981 erbaute ihn die Bundeswehr und nutzte ihn, um Manöver und Übungen zu beobachten. Die rote Wellblechk­abine gibt es noch immer, drei Holzstühle stehen darin, ein altes Telefonbuc­h liegt neben den Resten einer Funkanlage auf dem Tisch – und jede Menge toter Fliegen. Offenbar war schon lange niemand mehr in dem kleinen Raum. Im zehnten Jahr betreibt der Schwäbisch­e Albverein inzwischen den Turm, und für die Touristen, die die mehr als 230 Stufen hinaufstei­gen, ist die Plattform, die rundherum führt, viel spannender als das Zimmer.

Blick zum Fernsehtur­m Die Aussicht ist sensatione­ll. An ganz klaren Tagen soll man sogar die Alpen sehen können. Selbst an einem etwas diesigen Sommertag reicht der Blick zur Burg Teck und bis nach Stuttgart. Ein Strich am Horizont, da ist der Fernsehtur­m. Mit bloßem Auge ist das Wahrzeiche­n zu erkennen, noch besser klappt es allerdings mit einem Fernglas. Links davon erstreckt sich der ehemalige Truppenübu­ngsplatz, eine fast endlose Grünfläche ohne Strommaste­n oder sonst einem Anzeichen von Zivilisati­on. Nur in der Mitte sind an einer Stelle Gebäude auszumache­n. Dort stehen die Kirche und das Schulhaus von Gruorn, einem Dorf, das 1939 Platz machen musste für den Truppenübu­ngsplatz. Ganz ohne Ortskenntn­isse oder eine Landkarte ist es schwierig, die interessan­ten Punkte auszumache­n, denn auf dem HurschTurm gibt es leider keine Info-Tafeln.

Dafür ist der Turm selbst leicht zu finden. Vom Wanderpark­platz hinter Zainingen sieht man die rot-weiße Stahlgitte­rkonstrukt­ion auf dem Hügel schon. Der ein Kilometer lange, mit gelben Rauten beschilder­te Weg führt erst ein kurzes Stück auf der Panzerring­straße, dann auf breiten Schotterwe­gen hinauf. Es lohnt sich aber auch, eine andere Route zu wählen, um mehr vom ehemaligen Truppenübu­ngsplatz zu sehen. Denn wo Soldaten mehr als hundert Jahre lang ihre Übungen abgehalten haben, ist die Natur weitgehend unberührt geblieben, entlang der Wacholderh­eiden wachsen etwa seltene Orchideen. Um das zu sehen, bietet sich zum Beispiel die acht Kilometer lange Tour von Münsingen aus an, mit einem Abstecher ins verlassene Dorf Gruorn. Dort kann man über den alten Friedhof schlendern, im Schulhaus einkehren und die kleine Ausstellun­g im Obergescho­ss besuchen.

Leichtes Schwanken Eine weitere Möglichkei­t ist, neben dem Hursch-Turm auch die anderen Türme auf dem Übungsplat­z zu besteigen. Eine Besonderhe­it ist der Sternenber­g-Turm, denn das Gebäude war, bevor es von der Bundeswehr als Fernmeldet­urm genutzt wurde, eine Windmühle. Die hölzerne Spitze ist nur acht Meter hoch, aber weil der Sternenber­g zu den höchsten Erhebungen der Münsinger Alb zählt, ist der Blick auch von dort sehr gut.

Auf dem Hursch-Turm erwartet einen neben der sensatione­llen Aussicht noch etwas: himmlische Ruhe. Nur ein paar Vögel zwitschern. Zudem weht selbst bei hohen Temperatur­en eine angenehme Brise. Allerdings schwankt der Turm leicht und durch die Stahlgitte­r kann man bis zum Waldboden sehen. Ein fester Untergrund fühlt sich anders an. Schwindelf­rei sollte man deshalb schon sein, wenn man hoch will.

Der Hursch-Turm und die anderen Türme auf dem ehemaligen Truppenübu­ngsplatz sind bis zum 15. November jeweils an Sonnund Feiertagen geöffnet. Ansonsten kann man sich etwa im Biosphären­zentrum in Münsingen und bei verschiede­nen Gaststätte­n einen Schlüssel holen. Mehr Informatio­nen im Internet unter

 ??  ??
 ?? FOTOS: KATHRIN FROMM ?? Fernglas nicht vergessen! Die Aussicht vom Hursch-Turm aus ist sensatione­ll.
FOTOS: KATHRIN FROMM Fernglas nicht vergessen! Die Aussicht vom Hursch-Turm aus ist sensatione­ll.
 ?? FOTO: PR ?? http:// tuerme-wanderheim­e.albverein.net/aussichtst­uerme Auch ein grüner Leguan lebt im Reptilienh­aus.
FOTO: PR http:// tuerme-wanderheim­e.albverein.net/aussichtst­uerme Auch ein grüner Leguan lebt im Reptilienh­aus.
 ??  ?? Der rot-weiße Hursch-Turm.
Der rot-weiße Hursch-Turm.

Newspapers in German

Newspapers from Germany