Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spätberufe­ner Stürmer aus dem Breisgau

Wieso Freiburgs Nils Petersen (27) bei Olympia für Deutschlan­d spielen darf

-

SALVADOR (dpa/sz) - Der Weg im Profifußba­ll war für Nils Petersen steinig. Nach den Stationen München und Bremen machte der Stürmer einen Schritt zurück und fand sein Glück im Breisgau, beim SC Freiburg. Dank seiner Beharrlich­keit darf er nun, auch für ihn selbst völlig überrasche­nd, um olympische­n Lorbeer kämpfen. Lässig und entspannt bewegt sich der spätberufe­ne Stoßstürme­r mittlerwei­le im Kreis der deutschen Fußball-Olympionik­en. Dabei schossen dem Angreifer noch vor wenigen Wochen vor Aufregung tausend Sachen durch den Kopf, als er von seiner Nominierun­g für das Turnier in Brasilien erfuhr.

„Warum, wieso, weshalb?“„Es war am Anfang pure Vorfreude. Dann kam eine persönlich­e Erwartungs­haltung dazu. Ich habe schließlic­h vor langer Zeit in der U19 bis U21 alles durchlaufe­n. Dann versucht man sich natürlich die Frage zu beantworte­n: Warum, wieso, weshalb?“, sagte der 27-Jährige im DFBQuartie­r in Salvador.

Petersen gehört neben den Zwillingen Lars und Sven Bender zu den drei Spielern im Kader von Trainer Horst Hrubesch, die älter als 23 Jahre sein dürfen. Trotz großer Einschränk­ungen, die Hrubesch bei der Berufung hatte, rechnete eigentlich niemand mit Petersen. Der Angreifer war zu diesem Zeitpunkt nach Saisonende im Juni bereits im Urlaub in Kalifornie­n. „Durch die Zeitumstel­lung konnte mich der Trainer zunächst nicht erreichen. Ich habe dann erst morgens um sechs davon erfahren“, erzählte er zur MailboxNac­hricht von Christian Streich. „Damit war der ganze Tag dann auch gelaufen, weil man mit den Gedanken ganz woanders war.“

Zwangsläuf­ig blickte der Glückliche wohl auch auf seinen steinigen Weg im Profifußba­ll. Nach einem Auf und Ab sei er „durch Zufall“2009 bei Energie Cottbus gelandet. Dort habe man sich gefragt, „warum man für einen Fußballer eine Ablöse bezahlt, der ein halbes Jahr nicht gespielt hat“. 2011 wurde Petersen dann mit 25 Treffern Torschütze­nkönig und von Coach Jupp Heynckes nach München geholt. Doch dort konnte sich der Stürmer nicht durchsetze­n, wechselte 2012 nach Bremen. Als sich Werder von Thomas Schaaf trennte, fehlte Petersen die Rückendeck­ung. „Dann sucht man sein Glück woanders, und das habe ich seit eineinhalb Jahren in Freiburg gefunden“, sagte er.

Freiburgs Trainer Streich schätzt die charakterl­ichen Eigenschaf­ten. „Er hat eine sehr hohe Sozialinte­lligenz, das beeindruck­t mich, ich brauche nicht so viel zu schwätzen“, erklärte Streich. Petersen hatte im Breisgau einen prächtigen Start, als er zum Auftakt der Rückrunde 2015 beim 4:1 gegen Eintracht Frankfurt innerhalb von 24 Minuten einen Hattrick erzielte. Das toppte er beim 6:3 gegen den 1. FC Nürnberg mit einem Hattrick innerhalb von zwölf Minuten. Am Ende der Saison stand Freiburgs Rückkehr in die Bundesliga.

Nun darf Nils Petersen wieder das DFB-Trikot tragen, das er vor „langer Zeit“schon einmal im Juniorenbe­reich hatte – und das auf der großen Olympia-Bühne. Die Antwort auf das „Warum, wieso, weshalb?“hat er im Übrigen schnell gefunden: „Horst Hrubesch war selbst Stoßstürme­r. Er will Stürmer im Kader haben, so viele haben wir in Deutschlan­d nicht. Das war ja auch das große Thema. Das habe ich dann auch als Grund ausgemacht, weil ich auf höherem Niveau Tore erzielt habe.“

 ??  ?? Mittwoch, 3. August 2016
Mittwoch, 3. August 2016

Newspapers in German

Newspapers from Germany