Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rde, wären 27-Stunden-Tage“
S Ausgleich zum Leistungssport studiert der 27-Jährige Medizin und spielt Orgel in der Pfarrkirche in der Nähe des Stützpunkts
länder in Luzern eindrucksvoll durchgezogen. Das macht ja auch Sinn. Alles in allem wiegen wir rund eine Tonne, da dauert es, bis man Fahrt aufgenommen hat. Deshalb ist auch unser Motto: Wir geben vom Start an Vollgas, 220 Schläge ohne Rücksicht. Sollte man dabei eingehen, dann nur gemeinsam, als Team. Aber in Posen hat das schon mal gut geklappt. Wie wichtig ist die Harmonie im Team, nach dem Motto „Neun Freunde müsst Ihr sein“? Der Erfolg unserer Trainingsgruppe in den letzten Jahren beruht auf dem hohen, durch unseren Trainer Ralf Holtmeyer forcierten und aufrechterhaltenen Leistungsdruck. Er sagt, Harmonie verträgt sich auf die Dauer nicht mit Erfolg. Aber natürlich bilden sich wenn man so viele Wochen im Jahr gemeinsam trainiert und unterwegs ist. Ich denke auch, dass es ein Vorteil ist, wenn man sich in einem Boot gut versteht. Was aber bleibt, ist der Leistungsdruck. Der ist hoch. Für harmonischere Töne und als Ausgleich zum oft hektischen Tagesgeschehen spiele ich deshalb in der Pfarrkirche St. Suitbertus, an der ich auf meinem Heimweg vom Stützpunkt vorbeiradle, Orgel. Die Musik bietet eine von Erfolg und Misserfolg gelöste Dimension, in der ich mich dann für einige Zeit verlieren kann. Eine Orgel ist total faszinierend, riesengroß, laut, mit so vielen Klangfarben und Tönen. So wie der Deutschland-Achter das Flaggschiff im Rudersport ist, so ist für mich die Orgel die Königin der Instrumente. Der Leistungssport hat allerdings ein Verfallsdatum, Musik kann man dagegen sein ganzes Leben machen.
Einen Großteil Ihres Lebens wird Sie später auch der Beruf begleiten. Wie verträgt sich der Leistungssport mit dem Medizinstudium? Es ist auf jeden Fall intensiv, ich muss viel organisieren, auf Zack bleiben. Ein normaler Tag beginnt um 7 Uhr mit der ersten Trainingseinheit am Stützpunkt, zum Beispiel mit 24 Kilometer rudern. Anschließend geht es an die Uni, danach folgt die nächste Trainingseinheit, am Abend wird dann bis in die Nacht hinein gelernt. Da bleiben wenig ruhige Minuten. Besonders für uns Mannschaftssportler mit festen gemeinsamen Trainingszeiten stellen stark verschulte Studiengänge wie die Medizin eine große Herausforderung dar: Praktika, Unterricht am Krankenbett und anwesenheitspflichtige Vorlesungen finden ebenfalls zu festen Terminen statt und müssen mit dem Trainingsrhythmus in Einklang gebracht werden – nicht zu vergessen die vielen Fehltage auf Grund von Trainingslagern und Regatten. Nur durch ein hohes Maß an Selbstdisziplin, persönliches Vorsprechen im Studiendekanat und bei Dozenten sowie einen gut geführten Terminkalender lässt sich diese Doppelbeanspruchung erfolgreich meistern.
Wünschen Sie sich, sich nur auf den Sport konzentrieren zu können? Der Sport ist meine Priorität Nummer eins, aber das Studium möchte ich nicht missen. Denn es bereichert, es ist ein Ausgleich zum Sport – und umgeFreundschaften, kehrt genauso. Man muss hart für beides arbeiten, aber wenn man tausend kleine Schritte macht, dann kommt nach und nach der Erfolg. Zusätzlich zu studieren ist eine Art mentale Absicherung, wenn es im Sport mal nicht läuft. Dann wäre das Loch, in das man fällt, vielleicht nicht ganz so groß. Das Studium parallel zum Sport macht mich jeden Tag ein wenig zufriedener. Was ich mir aber wünschen würde, wären 27-Stunden-Tage. Dann hätte ich mehr Zeit zum Schlafen, für meine Freundin oder auch zum Lernen.
Was bedeutet für Sie die Unterstützung durch das Sport-Stipendium der Sporthilfe? Die Deutsche Sporthilfe propagiert die duale Karriere, von daher ist es die richtige Art von Förderung. Studierende Spitzensportler erbringen den Nachweis, dass sie ans Leben nach der Karriere denken. Für mich sind die 400 Euro durch das Deutsche Bank SportStipendium eine stabile Basis. Damit kann ich meine Miete und auch mal Bücher oder einen Arztkittel bezahlen.