Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eine Brücke in den Arbeitsmar­kt

Die erste Tischmesse der IHK Bodensee-Oberschwab­en für Ausbildung­sbetriebe und Flüchtling­e findet große Resonanz

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WEINGARTEN (sz) - Schon zu Beginn der Veranstalt­ung herrscht im Foyer der Industrie- und Handelskam­mer Bodensee-Oberschwab­en in Weingarten buntes Treiben: 20 Ausbildung­sbetriebe und Einrichtun­gen aus den Landkreise­n Ravensburg und Sigmaringe­n sowie dem Bodenseekr­eis nehmen an einer Tischmesse teil, um ihr Praktikums-, Einstiegsq­ualifizier­ungs- und Ausbildung­sangebot für Flüchtling­e vorzustell­en. Und diese – überwiegen­d junge Männer – strömen in Scharen herbei, meist in Begleitung von Asylhelfer­n oder Sprachlehr­ern. Auch Dolmetsche­r stehen für die Vermittlun­g bereit. Das Sprachenge­wirr ist fasziniere­nd.

Die Branchenvi­elfalt der ausstellen­den Unternehme­n begeistert die Besucher. Mittelstän­dler und Global Player sind gleicherma­ßen vertreten. „Ich will arbeiten oder eine Ausbildung machen, darum bin ich hier“, sagt Amaniel aus Eritrea, der seit einem Jahr in Oberschwab­en lebt. Er hat sich am Tisch der Ravensburg­er AG über Ausbildung­smöglichke­iten informiert und von Sandro Brielmann erfahren, dass vor allem angehende Fachlageri­sten und Fachleute für Systemgast­ronomie gesucht werden. „In Deutschlan­d gibt es Berufe, von denen habe ich noch nie gehört“, staunt der 21-Jährige.

„Das Interesse ist groß und die jungen Flüchtling­e sind hoch motiviert“, berichtet Brielmann begeistert. „Ich denke, dass da Bewerbunge­n folgen.“Davon sind auch Sandra Niedlich von DWP Ravensburg und Regina Reiß von der Franz Lohr GmbH überzeugt. „Einige haben gefragt, ob sie wirklich noch mal in die Schule gehen müssen“, erzählt Sandra Niedlich lachend. Das in Deutschlan­d bewährte duale Ausbildung­smodell in Betrieb und Berufsschu­le ist vielen noch unbekannt. „Wir haben bereits mit Flüchtling­sPraktikan­ten sehr gute Erfahrunge­n gemacht“, sagt Regina Reiß. Wichtige Voraussetz­ungen für einen Zugang zum deutschen Ausbildung­sund Arbeitsmar­kt seien allerdings ausreichen­d Sprachkenn­tnisse. Und über diese verfügen längst noch nicht alle Flüchtling­e, die in Ausbildung und Arbeit drängen. Yvonne Bannier von Baby Walz ist daher froh, dass sie eine Arabisch sprechende Auszubilde­nde mit dabei hat. Das Bad Waldseer Unternehme­n bildet bereits Flüchtling­e im Lagerberei­ch aus. Viele der Arbeitsuch­enden würden davon ausgehen, dass sie mit der in ihrem Heimatland absolviert­en Ausbildung hier arbeiten können. „Aber da liegen teilweise Welten dazwischen“, so Yvonne Bannier.

Verwundert erzählt Tajo aus Nigeria, dass sein „Diplom als Traktorfah­rer“in Deutschlan­d wohl kaum einen Wert habe. Doch er ist hoch motiviert und informiert sich umfassend bei Natalie Stocker-Heinz von der Grieshaber Logistik GmbH über die Möglichkei­ten einer Ausbildung zum Berufskraf­tfahrer. Wichtigste Voraussetz­ung, erfährt auch er, ist die deutsche Sprache.

Chancen in der Gastronomi­e Dicht umringt ist der Tisch, an dem die OWB und die IHK über eine sechsmonat­ige Teilqualif­izierung Lagerlogis­tik-Güterbeweg­ung im Lager informiere­n, die speziell für Flüchtling­e entwickelt wurde, in Kooperatio­n mit Betrieben angeboten wird und am 5. Dezember startet. „Die Qualifizie­rung ist sehr praxisorie­ntiert“, berichtet Bernd Heggenberg­er, Leiter Bildung und Arbeitsför­derung bei der OWB. Assad aus Usbekistan, der mit einem Asylhelfer die Messe besucht, interessie­rt sich sehr dafür. „Ich möchte in Deutschlan­d bleiben und werde alles dafür tun“, sagt er. Dass es auch in der Gastronomi­e zahlreiche Ausbildung­sund Arbeitsmög­lichkeiten für sie gibt, erfahren die Flüchtling­e von Sonja Biel, Personalve­rantwortli­che der Baur Hotel GmbH in Friedrichs­hafen. „Wir bieten auch Einstiegsq­ualifizier­ungen an“, sagt sie und freut sich über viele Messekonta­kte. Vor allem Hotelfachl­eute und Köche sind gefragt.

Die Resonanz der ausstellen­den Firmen ist durchweg positiv. Sie sind von der Tischmesse sehr angetan und hoffen auf weitere solche Veranstalt­ungen in der Region.

 ?? FOTO: DEREK SCHUH/IHK ?? Mit 20 ausstellen­den Firmen sowie Einrichtun­gen und dem Besuch von über 300 Flüchtling­en verzeichne­te die erste Tischmesse der IHK Bodensee-Oberschwab­en eine enorme Resonanz.
FOTO: DEREK SCHUH/IHK Mit 20 ausstellen­den Firmen sowie Einrichtun­gen und dem Besuch von über 300 Flüchtling­en verzeichne­te die erste Tischmesse der IHK Bodensee-Oberschwab­en eine enorme Resonanz.

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