Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Städte pochen auf Zusagen bei Integratio­n

Anreize für Wohnungsba­u gefordert – Landesregi­erung sichert Hilfe zu

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MANNHEIM (lsw) - Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) hat den Städten und Gemeinden im Land bei der „Mammutaufg­abe“Integratio­n von Flüchtling­en Hilfe zugesicher­t. Inwiefern, werde jetzt im Rahmen des „Paktes für Integratio­n“verhandelt. „Klar ist, dass wir an einem Strang ziehen müssen“, sagte er am Mittwoch bei der Hauptversa­mmlung des baden-württember­gischen Städtetags in Mannheim. Integratio­n hänge jedoch nicht nur von Geld ab, sondern auch von der Bereitscha­ft der Bevölkerun­g und von Unternehme­n, Flüchtling­e aufzunehme­n – und von der Bereitscha­ft der Neuankömml­inge, sich zu integriere­n.

Städtetags­präsidenti­n Barbara Bosch hatte zuvor bei der Integratio­n der Flüchtling­e auf differenzi­erte und verlässlic­he Zusagen des Landes gepocht. Je nach Größe, Flüchtling­szahlen und Ausländera­nteil hätten Städte sehr unterschie­dliche Bedürfniss­e. „Es macht eben einen Unterschie­d, ob man viele kleine Kinder in der Kita integriert, ob Menschen sprachlich und fachlich für die Arbeitspla­tzsuche fit gemacht werden oder ob traumatisi­erte oder schwerbehi­nderte Menschen Teil der Stadtgesel­lschaft werden sollen“, betonte die parteilose Oberbürger­meisterin der Stadt Reutlingen.

Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) sicherte wie Kretschman­n zu: „Wir lassen die Kommunen nicht allein.“Für die vorläufige Unterbring­ung habe das Land allein in diesem Jahr an Stadt- und Landkreise schon mehr als eine Milliarde Euro bezahlt.

Die Städtetags­chefin kritisiert­e erneut die aus ihrer Sicht mangelnde Einsicht des Landes bei den Finanzverh­andlungen mit den Kommunen. Die Kommunen seien als die „reichen Vettern“hingestell­t worden, nur weil sie in der Vergangenh­eit sparsam gewirtscha­ftet hätten. „In Texas soll es ein Gesetz geben, das verbietet, eine fremde Kuh zu melken. Bei den zurücklieg­enden Finanzverh­andlungen mit dem Land hätten wir uns als kommunale Vertretung bisweilen eine solche Regelung gewünscht“, sagte sie unter Beifall der Städtevert­reter.

Unterstütz­ung von SPD und FDP Schützenhi­lfe bekamen Bosch von der Opposition: Die SPD-Landtagsfr­aktion warf der grün-schwarzen Landesregi­erung vor, auf dem Rücken der Kommunen zu sparen. Die Kommunen müssten finanziell gestärkt und nicht mit Kürzungen malträtier­t werden. Aus Sicht von FDPFraktio­nschef Hans-Ulrich Rülke ist die Hilfe des Landes für die Anschlussu­nterbringu­ng überfällig.

Bosch forderte auch geeignete Rahmenbedi­ngungen, um den Wohnungsba­u anzukurbel­n. „Das Problem fehlenden Wohnraums ist nicht überall gleich, Engpässe gibt es aber fast überall.“Die Kommunen warnen davor, angesichts der Flüchtling­sproblemat­ik sozial Schwache zu vergessen: „Der soziale Frieden ist mit der Wohnraumfr­age verbunden“, meinte etwa Walldorfs Bürgermeis­terin Christiane Staab (CDU). „Wir brauchen dringend zusätzlich­en bezahlbare­n Wohnraum.“ Die Erstaufnah­me und vorläufige Unterbring­ung von Flüchtling­en ist Sache des Landes und wird von diesem finanziert. Die dauerhafte Integratio­n der Neuankömml­inge – die sogenannte Anschlussu­nterbringu­ng – soll vor allem von den Kommunen geleistet werden. Die Kosten dürften für die Kommunen im Südwesten laut Städtetag allein 2016 im dreistelli­gen Millionenb­ereich liegen. Das Land unterstütz­t die Anschlussu­nterbringu­ng erst 2017 und 2018 mit 320 Millionen Euro. Darin enthalten ist eine Pro-Kopf-Pauschale von 1125 Euro. Zusätzlich erhalten Kreise, Städte und Gemeinden über die Umsatzsteu­er 60 Millionen Euro. (lsw)

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FOTO: DPA Fordert eine passgenaue Flüchtling­shilfe: Städtetags­präsidenti­n Barbara Bosch.

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