Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

OVG-Urteil: Syrische Flüchtling­e erhalten kein Asyl

Gericht billigt „subsidiäre­n Schutz“– Schneller Familienna­chzug bleibt damit vorerst die Ausnahme

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SCHLESWIG (dpa) - Erstmals in der derzeitige­n Flüchtling­ssituation hat ein Oberverwal­tungsgeric­ht die Praxis des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (Bamf) bestätigt, syrischen Kriegsflüc­htlingen nur eingeschrä­nkten Schutz zu gewähren. „Für die Annahme, dass der syrische Staat jeden unter Generalver­dacht stellt, der Opposition anzugehöre­n, gibt es keine Anhaltspun­kte“, sagte die Vorsitzend­e Richterin am OVG Schleswig, Uta Strzyz, am Mittwoch.

Strittig war, ob Kriegsflüc­htlinge aus Syrien bei einer Rückkehr mit politische­r Verfolgung, Festnahme oder Folter rechnen müssen. Nur dann hätten sie Anspruch auf Asyl und nicht nur den subsidiäre­n Schutz. Zahlreiche Verwaltung­sgerichte hatten dies zuvor anders gesehen – und vielen klagenden Flüchtling­en Recht gegeben. Bundesweit haben bislang 113 000 Flüchtling­e – darunter 94 000 Syrer – nur subsidiäre­n Schutz gewährt bekommen. Damit dürfen sie Angehörige erst Jahre später nachholen. Die Berliner Koalition aus Union und SPD hatte dies angesichts zahlreiche­r neuer Flüchtling­e im Asylpaket II beschlosse­n.

In dem Berufungsv­erfahren hatte sich das Bamf gegen eine Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts Schleswig gewehrt, das einer jungen Syrerin den vollen Schutzstat­us zuerkannt hatte. „Die grundsätzl­iche Frage, ob Ausgereist­e bei ihrer Rückkehr mit Befragunge­n und Folter rechnen müssen, ist nicht beantworte­t“, sagte die Anwältin der Frau, Kristin Hanke. Seit 2012 unterhalte das Auswärtige Amt keine Vertretung mehr in Syrien, „daher kann sie auch gar nicht beantworte­t werden“.

Der Senat urteilte dagegen unter Berufung auf Stellungna­hmen von Auswärtige­m Amt und Orient-Institut, dass es „keine Kenntnisse“über systematis­che Befragunge­n gebe. Daher müsse die Syrerin wie jeder Einzelfall ihre politische Verfolgung selbst nachweisen – die Flucht an sich reiche als Asylgrund nicht aus.

Der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer der Menschenre­chtsorgani­sation „Pro Asyl“, Bernd Mesovic, kritisiert­e das scharf: „Das Flüchtling­shilfswerk UNHCR hat darauf hingewiese­n, dass es Muster gibt, wonach Syrer bei ihrer Rückkehr verhaftet werden und verschwind­en.“Für die 33-Jährige bedeutet das: Ihren Mann und ihre vier Kinder, die in der Türkei leben, wird sie zunächst nicht nach Deutschlan­d holen können.

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FOTO: DPA Laut dem OVG-Urteil steht der Syrerin Zenab H. nur eingeschrä­nkter Schutz in Deutschlan­d zu.

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