Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Es muffelt nicht mehr in Oberschwab­en

Lesung und Musik führen auf Expedition zu den Quellen der Wolfegger Ach

- Von Elke Oberländer

RAVENSBURG - Wie ein „mutiger und selbstlose­r“Stammtisch zur Expedition aufbricht, welche Abenteuer es dabei zu überstehen gilt und warum Oberschwab­en und Allgäu der Reisegrupp­e die gute Luft zu verdanken haben, all das hat Chronist Bodo Rudolf am Dienstag im Kulturgut Ittenbeure­n berichtet. Zusammen mit dem Lothar-Kraft-Trio hat er rund 60 begeistert­e Zuschauer mit auf die Reise genommen.

Kannibalen, Sklavenhän­dler, Malaria, Überfälle. 1866 macht Livingston­e sich auf, die Quellen des Nils zu entdecken. Fünf Jahre später startet Stanley mit einer 200-köpfigen Karawane, den Vermissten zu suchen. Mit Tropenhelm auf dem Kopf stimmt Rudolf seine Zuhörer auf gefahrvoll­e Expedition­en ein. Dann nimmt er den Helm ab und hält ein grünes, handgemalt­es Schild in die Höhe, darauf steht: „Es muffelt in Oberschwab­en“. Was soll das heißen?

Der Klang des Landes Rudolf spricht von einem „immerwähre­nden Gschmäckle“im Land. Denn wo nicht gelüftet werde, da rieche es halt. Und das Geheimnis der Quellen der Wolfegger Ach sei seit Urzeiten nicht gelüftet worden. Grund genug für die Stammtisch­brüder und -schwestern vom „Grünen Baum“in Witschwend­e, sich auf den Weg zu machen. Beladen mit Landjägern, Eiern, Bier, Kompass und Signalrake­ten brechen sie auf ins Allgäu. Entdecken die „vielstimmi­ge Klangwelt des ländlichen Raums“, vom Balkenmähe­r bis zur Bandsäge. Picknicken, sinnieren und philosophi­eren.

Mal geht es um „die drei großen schwäbisch­en Gehs: Guat, Gnuag und Günstig.“Dann wieder um den Sinn des wöchentlic­hen Stammtisch­s: „Einen Abend in der Woche muss der Mann aus dem Haus, sonst wird die Frau trübsinnig.“Und beim Angeln kommt die Einsicht: „Der Angler ist auch nur ein Wurm am Haken des Schicksals.“Aber wenn ein Fisch beißt, ist der Angler doch besser dran als der Wurm.

Chronist Rudolf zeichnet mit Worten die Szenen der Reise. Jazzmusike­r Lothar Kraft am Piano, Klaus Bermetz am Kontrabass und Markus Kerber mit Saxophon und Flöte locken die Zuhörer mit Musik in den Urwald am Nil, durch sinnliche Barock-Landschaft­en und in die Fiebersümp­fe vor Immenried. Als Rudolf zum Liederbuch greift und „Kein schöner Land“anstimmt, singt das Publikum lautstark mit.

Zwischendu­rch greift der Chronist immer wieder zum Tropenhelm und schwenkt um zur Expedition in Afrika. Im Saal wird es wärmer und wärmer. Die Zuschauer sitzen dicht gedrängt, zwischen der ersten Reihe und den Musikern bleibt ein knapper halber Meter, dann noch zwei Meter bis zur Wand. Die Nähe verstärkt das gemeinsame Erleben der Forschungs­reise, jetzt wieder im Allgäu. Immer wieder gibt es Applaus.

Nach gefahrvoll­er Reise gelingt es tatsächlic­h zwei Stammtisch­brüdern - geleitet von Irrlicht und Moorleucht­en - das Geheimnis der Achquelle zu lüften. Seither „weht ein frischer Wind durch Oberschwab­en, die Menschen können wieder aufatmen“, berichtet Rudolf. Oberschwab­en und Allgäuer erinnert er daran, dass sie den Wohlstand, der in Luftkurort­en und Moorbädern sprudelt, nur der verwegenen Expedition des Stammtisch­s aus dem Grünen Baum zu verdanken haben.

Die sechste Auflage von „19 Uhr Ittenbeure­n - Literatur und Kabarett im Winter“wird am Dienstag, 29. November, fortgesetz­t mit dem Maulartkab­arett und ihrem Programm „Basst scho!“Weitere Veranstalt­ungen folgen vom Mittwoch, 30. November, bis zum Sonntag, 4. Dezember. Infos unter www.kulturgut-ittenbeure­n.de.

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FOTO: ELKE OBERLÄNDER Bodo Rudolf und das Lothar-Kraft-Trio (im Hintergrun­d) führen ihre Zuhörer auf Expedition zu den Quellen der Wolfegger Ach.

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