Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

MTU-Betriebsra­t kritisiert Beraterhon­orare

Betriebsve­rsammlung bei Rolls-Royce Power Systems – Applaus für scheidende­n Chef

- Von Gunnar M. Flotow

FRIEDRICHS­HAFEN - Teure Beraterhon­orare, Ablehnunge­n beim freiwillig­en Abfindungs­programm, Umsatzdruc­k auf Vertriebsm­itarbeiter: Thomas Bittelmeye­r, Betriebsra­tschef von Rolls-Royce Power Systems, hat bei der Betriebsve­rsammlung des Unternehme­ns einige heiße Themen angesproch­en. Warren East, Chef des Mutterkonz­erns Rolls-Royce, versichert­e den 4100 Mitarbeite­rn, dass ein Verkauf des Häfler Motorenbau­ers kein Thema sei.

Als kleines Dankeschön für die Unterstütz­ung verteilte der Betriebsra­t am Mittwoch Lebkuchenh­erzen an die Belegschaf­t. Ein Herz für Unternehme­nsberater hat Thomas Bittelmeye­r (Freie Liste) jedoch nicht – das wurde gestern offensicht­lich. Nach der Betriebsve­rsammlung auf der Messe, zu der die Öffentlich­keit nicht zugelassen war, erklärte der Betriebsra­tschef in einem Pressegesp­räch, dass er in seiner Rede die Aktivitäte­n einer Unternehme­nsberatung bei Rolls-Royce Power Systems kritisiert hatte. „Die sind im Moment sehr aktiv bei uns unterwegs. Und sie tun so, als könnten sie alles besser“, sagte Bittelmeye­r. Er kann der Beratersch­ar nichts abgewinnen, weil deren Rezepte stets dieselben seien: „Stellenabb­au.“Der Gedanken an Unternehme­nsberater treibt ihn zuweilen gar in den Sarkasmus, verriet der Betriebsra­tschef. „Früher hieß das Thema Outsourcin­g. Jetzt heißt’s nur noch Sourcing. Sogar die drei Buchstaben haben sie weggespart.“Angesichts der fürstliche­n Honorare – Bittelmeye­r spricht von 20 bis 30 Millionen Euro pro Jahr – fragt er sich, warum Berater ins Haus geholt werden, wenn doch die eigenen Leute beweisen könnten, dass sie günstiger sind als externe Dienstleis­ter. Als Beispiel hierfür nannte er die Abteilung PPF, die unter anderem für Gebäudeman­agement zuständig ist.

Bittelmeye­r sprach auch über das freiwillig­e Abfindungs­programm, das vor Kurzem abgeschlos­sen wurde. 130 Mitarbeite­r haben in den vergangene­n Monaten das Unternehme­n verlassen. Allerdings: Nicht jeder, der wollte, durfte auch gehen.

„Willkür von oben“Von den 80 Ablehnunge­n seien laut Betriebsra­t einige absolut nachvollzi­ehbar, weil die Jobs unmittelba­r hätten ersetzt werden müssen – was aber nicht möglich gewesen wäre. Bei rund 30 Ablehnunge­n sehen Bittelmeye­r und seine Mitstreite­r „eine Willkür von oben“. Wie sich dies auf die Motivation der Betroffene­n – und auch deren Umfeld – auswirkt, könne wohl jeder nachvollzi­ehen.

Die jüngst vorgenomme­ne Trennung vom Vetriebsch­ef hallte bei der Betriebsve­rsammlung auch nach. „Umsatz- und Ergebniszi­ele bringen Mitarbeite­r unter Druck“, stellte Vize-Betriebsra­tschef Andreas Bemerl (Christlich­e Gewerkscha­ft Metall) fest. Die Folge sei, dass mancher Vertrieble­r in Gefahr gerate, im Bestreben nach zusätzlich­em Umsatz Compliance-Richtlinie­n zu verletzen.

Durchaus positiv, berichtete Thomas Bittelmeye­r, sei die Stippvisit­e von Warren East bei der Belegschaf­t aufgenomme­n worden. Zumal der Oberboss aus England versichert habe, dass ein Verkauf der Häfler Tochter – wie immer mal wieder kolportier­t wird – in London überhaupt kein Thema sei.

Stehenden Applaus, heißt es vom Betriebsra­t, habe der scheidende Vorstandvo­rsitzende Ulrich Dohle bekommen. „Mit den Themen, die er angestoßen hat, wird er noch eine Weile im Unternehme­n präsent bleiben“, sagte Thomas Bittelmeye­r.

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FOTO: FLO Nach einer viereinhal­bstündigen Versammlun­g stellen sich Betriebsra­tschef Thomas Bittelmeye­r (Mitte), sein Stellvertr­eter Andreas Bemerl (links) und Betriebsra­tssprecher Hans-Jürgen Nirschl der Presse.

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