Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bürgermeister von Baienfurt und Sivas treffen sich
Sami Aydin lädt die Oberschwaben in die Türkei ein – Sule Duman ist der Austausch der Kulturen wichtig
BAIENFURT - Der Bürgermeister der türkischen Stadt Sivas, Sami Aydin, hat Baienfurt besucht. Bei einer Stippvisite in Deutschland ist er unter anderem mit dem Baienfurter Bürgermeister Günter A. Binder zusammengetroffen. Wie die SZ bereits berichtete, hat die Baienfurterin Sule Duman vor anderthalb Jahren angestoßen, eine Städtepartnerschaft zwischen der Stadt in Ost-Anatolien und Baienfurt zu begründen. Doch damals schon sagte Bürgermeister Günter A. Binder: Eine Partnerschaft soll es nicht sein, der Begriff Freundschaft sei ihm lieber.
Auf dem gleichen Standpunkt steht der Bürgermeister auch heute noch. Vor allem weil die Größenverhältnisse nicht passten. 315 000 Einwohner zählt Sivas, das kleine Baienfurt gerade einmal etwas mehr als 7200. „Entscheidend ist, was gelebt wird. Das Siegel steht erst an zweiter Stelle“, sagt Binder. Zum Hintergrund: Im Schussental leben viele türkischstämmige Bürger aus der Region Sivas – wie Sule Duman.
Geplant war der Besuch von Sami Aydin in Baienfurt nicht. Aydin war auf einer Feier des Regionalverbands Friedrichshafen der „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“(UETD), sie gilt als Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Aydin ist selbst Mitglied der AKP. Der Besuch war also spontan und eingefädelt von Sule Duman, die zufällig mitbekommen hat, dass der Bürgermeister zu Besuch in der Region ist. „Manchmal sind die spontanen Dinge die besten“, sagt Binder im Gespräch mit der SZ. Und: „Es war ein sehr konstruktives Gespräch in einer angenehmen Atmosphäre.“Seine Art, wie er sich präsentiert hat, sei sehr offen, konstruktiv und liberal gewesen, berichtet Binder.
Geplante Bürgerreise abgesagt Aydin hätte den Baienfurter Gemeinderat und alle Interessierten in die Türkei eingeladen, um Sivas kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Binder spricht von einem „Austausch auf freundschaftlicher Ebene“. Über die Einladung werde man im Gemeinderat noch beraten. Vor den Unruhen vor einem Jahr war bereits eine Bürgerreise der Baienfurter in die Türkei geplant, alles eingefädelt von Sule Duman. Binder: „Wir hatten schon die Absicht, hinzufahren.“Dann kamen der Anschlag am Istanbuler Flughafen, zwei Selbstmordattentate in der türkischen Hauptstadt Ankara, zwischenzeitlich der Putschversuch und weitere Einschränkungen der Pressefreiheit. Die Reise wurde abgesagt. „Die Türkei muss wieder zurückkehren zu geregelten demokratischen Verhältnissen“, kommentiert Binder das Geschehen im Land.
Sule Duman liegt der Kontakt zwischen Türkischstämmigen, Deutschen und Türken am Herzen. „Mir geht es um das Verständnis von Deutschen und Türken untereinander“, sagt sie. Sie studiert Soziologie, beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Deutschen und Türken sowie mit der Rolle und Stellung der Frau in der Gesellschaft. „Ich beobachte, dass es mit der Kommunikation nicht so wirklich klappt. Ich habe auch festgestellt, dass die Deutschen uns Türken gar nicht kennen.“
Sule Duman lebt seit 20 Jahren in Deutschland und wünscht sich einen Austausch der Kulturen, damit beide sich besser verstehen. „So ein Austausch funktioniert am besten auf kommunaler Ebene“, sagt sie. Deswegen setzt sie sich für die Sache mit Herzblut ein. Im April vergangenen Jahres hat sie einen türkischen Abend in Baienfurt organisiert und ihr Projekt ins Rollen gebracht. Dass die erste geplante Bürgerreise nicht zustande gekommen ist, davon lässt sie sich nicht entmutigen, sie will weitermachen. Und mit dem Treffen der Bürgermeister ist ihr Projekt einen Schritt weiter, auch wenn der Besuch nicht geplant war.