Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Auf dem Hosenboden
Nach dem blamablen 2:3 (1:1) in Rostow schlittert der FC Bayern München in die Krise
ROSTOW AM DON (fil/SID) - Zum Beispiel Jérôme Boateng: Ausgetanzt und ausgerutscht im Zweikampf mit Sardar Azmoun – 1:1 (44.); etwas zu steif ins Duell mit Cristian Noboa – Elfmeter, 1:2 (49.); unrund laufend ausgewechselt (54.). Oder Douglas Costa: Toller Sprint zum Ball, linke Klebe in den Knick – 1:0 (36.); katastrophaler Fehlplass, der Boateng in den fatalen Engtanz mit Hosenboden-Rasenkontakt zwang; in der Folge überhastete Aktionen en masse. Das Ergebnis: Ein 2:3 (1:1) bei den krassen Außenseitern vom FK Rostow, eine Blamage im kalten Russland, die Chance auf den Gruppensieg weg und nach der zweiten Niederlage hintereinander – am Samstag hatten sie ja bei Borussia Dortmund mit 0:1 verloren – richtig schön in die Krise geschlittert.
„Krise ist zu viel, aber wir müssen schnellstmöglich unsere Fehler abstellen“, sagte Philipp Lahm zwar, analysierte aber zutreffend: „Als FC Bayern muss man auch hier gewinnen, egal wie die Temperaturen sind oder wie der Platz ist. Wir sind aktuell ein bisschen sorglos, wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann.“Kann man wohl sagen. Drei Gegentore hatten die Münchner zuletzt vor 52 Spielen kassiert, Rostow, in München im Hinspiel noch 0:5 unterlegen, gelang dies gestern mit Spielern namens Sardar Azmoun (44. Minute), Dimitri Polos (49./Foulelfmeter) und Christian Noboa (67.), für die Münchner traf neben Costa noch Juan Bernat (52.). Natürlich hatten die Bayern wie auch schon zuvor in Dortmund mehr vom Spiel, natürlich hatten sie weit über 70 Prozent Ballbesitz und ein deutliches Chancenplus, doch am Ende stand es eben: 2:3. In Rostow am Don, das seinen ersten Champions-League-Sieg überhaupt feierte.
Die Jahreshauptversammlung am Freitag, bei der Uli Hoeneß sich wieder zum Clubpräsidenten wählen lassen wird, droht zu einer eher fröstelnden Veranstaltung zu werden. Weil da ja nicht nur diese Fehler sind, sondern auch diese Schwerfälligkeit der Spieler im Spielaufbau, diese sicher unabsichtliche, aber eben doch latent spürbare Überheblichkeit und Sorglosigkeit im Abschluss, die die Mannschaft irgendwie schon die gesamte Saison über an den Tag legt, und dazu dieses neues Spielsystem des neuen Trainers Carlo Ancelotti, das noch immer nicht funktioniert.
„Wir haben nicht gut gespielt“, sagte Ancelotti, „im Moment ist es schwierig für uns.“Doch dieser Moment geht schon ziemlich lang. Und am Samstag (18.30 Uhr/Sky) geht es gegen Bayer Leverkusen, das auch dringend mal wieder einen Sieg bräuchte. Mit einer Leistung wie im bitterkalten Rostow werden die Bayern auch gegen Bayer Probleme bekommen. „Wir sind im Passspiel nicht zu 100 Prozent konzentriert. Das müssen wir abstellen, so schnell wie möglich“, setzte Lahm seine schonungslose Analyse fort. Er hätte noch erwähnen können, dass er und seine Mitspieler nach einer passablen ersten Halbzeit am Ende fast kopflos dem Ausgleich hinterherrannten. Die Russen standen zwar meist mit neun, zehn Mann rund um den eigenen Strafraum, doch jedes Mal, wenn sie beschlossen, auch mal mitzuspielen, schwammen die Bayern in der Defensive. Die restliche Zeit passten die Münchner sich meist den Ball hin und her, in der Regel nur quer. Nur selten gelang ein Angriff über die Flügel oder ein guter Pass durch die Abwehr. Rostow: Dschanajew – Kalatschew (87. Terentjew), Mevlja, Navas, Granat, Kudrjaschow - Gatcan – Jerochin, Noboa - Azmoun (82. Grigorjew), Polos (90.+3 Ezatolahi). – München: Ulreich – Rafinha, Jérôme Boateng (58. Hummels), Badstuber, Bernat – Thiago – Lahm, Sanches (73. Th. Müller) – Costa, Lewandowski, Ribéry. – Tore: 0:1 Costa (35.), 1:1 Azmoun (44.), 2:1 Poloz (49., Foulelfmeter), 2:2 Bernat (52.), 3:2 Noboa (66.). – Zuschauer: 15 211. Gruppe E ZSKA Moskau – Bayer Leverkusen 1:1 (0:1) Moskau: Akinfejew - Fernandes, A. Beresuzki, W. Beresuzki, Schtschennikow - Wernbloom, Dsagojew (83. Traoré) - Milanow, Natcho, Golowin - Tschalow (90.+1 Strandberg). – Leverkusen: Leno - Jedvaj, Tah, Toprak, Henrichs - Aranguiz, Kampl (90. Mehmedi) - Volland, Brandt (70. Havertz) - Calhanoglu, Hernandez (81. Baumgartlinger). – Tore: 0:1 Volland (16.), 1:1 Natcho (75., Foulelfmeter). – Zuschauer: 19 164. AS Monaco – Tottenham Hotspur 2:1 (0:0) Tore: 1:0 Sidibé (48.), 1:1 Kane (52., Foulelfmeter), 2:1 Lemar (53.). – Besonderes Vorkommnis: Lloris (Tottenham) hält Foulelfmeter von Falcao (11.). – Zuschauer: 13 100. Gruppe F Bor. Dortmund – Legia Warschau 8:4 (5:2) Dortmund: Weidenfeller - Rode, Ginter, Bartra (62. Durm), Passlack - Sahin (70. Aubameyang) - Kagawa, Castro - Pulisic, Dembélé (72. Schürrle) - Reus. – Warschau: Cierzniak - Bereszynski, Czerwinski, Pazdan, Rzezniczak - Kopczynski, Guilherme (55. Jodlowiec) - Kucharczyk, Radovic, Odjidja-Ofoe (75. Nikolic) - Prijovic (69. Wieteska). – Tore: 0:1 Prijovic (10.), 1:1, 2:1 Kagawa (17., 18.), 3:1 Sahin (20.), 3:2 Prijovic (24.), 4:2 Dembélé (29.), 5:2, 6:2 Reus (32., 52.), 6:3 Kucharczyk (57.), 7:3 Passlack (81.), 7:4 Nikolic (83.), 8:4 Rzezniczak (90.+2, Eigentor). – Zuschauer: 55 094. Sporting Lissabon – Real Madrid 1:2 (0:1) Tore: 0:1 Varane (29.), 1:1 Adrien Silva (80., Foulelfmeter), 1:2 Benzema (87.). – Zuschauer: 50 046. – Rote Karte: João Pereira (Lissabon; 64.), Tätlichkeit.