Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nur nicht abheben
Fast nichts ist mehr so, wie es sein sollte. Die Welt gerät aus den Fugen. Das ist zwar schon seit Jahrtausenden der Fall, aber momentan ist es halt besonders schlimm. Beispiele gefällig? Bitteschön: Es droht schon wieder eine Grippewelle. Oder: Zum x-ten Mal in Folge könnte an Weihnachten der Schnee fehlen. Oder: Sogenannte Wutbürger vermehren sich – vermutlich durch Fernbefruchtung. Oder: Volkswagen baut Autos mit Auspuffproblemen. Oder: Der FC Bayern kickt auf dem Niveau des MSV Duisburg. Alles schlimm.
In solch unsicheren Zeiten sind Beständigkeit und Verlässlichkeit sehr tröstlich. Wir wollen deshalb aus aktuellem Anlass ein Loblied singen auf alle Piloten der Lufthansa. Die drehen gerade ihre 14. Streikrunde und beweisen damit, dass die Arbeitereinheitsfront noch lange nicht tot ist. Die Vereinigung Cockpit ist eine Gewerkschaft, die ihre Mitglieder weder dem Hungertod noch der Altersarmut noch anderweitiger Verelendung preisgeben möchte. Dies alles droht aber, wenn die Löhne der Luftarbeiter nicht schnell deutlich ansteigen sollten. Ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 120 000 Euro heißt ja, dass es Piloten gibt, die noch weniger verdienen. Und selbst ein erfahrener, bereits grauhaariger Kapitän wird bisweilen mit 200 000 Euro abgespeist. Damit dieser Skandal ein Ende findet, muss für alle Luftarbeiter die Devise gelten: Nur nicht abheben!
Und wer als Kunde bei der Lufthansa einen Flug bucht, kann seit fast drei Jahren einkalkulieren, dass derselbe ausfällt. Gut so. Verlässlichkeit ist wichtig.